Chile 1994

In Chile kommt man hoch hinaus. Mit dem Bus auf über 5.000m zu kommen, ist schon außergewöhnlich. Das Land hat viele verschiedene Facetten: Badeorte am Pazifik, Wüsten, hohe Berge, Weinanbaugebiete und Fjorde. Die Fahrt mit dem Frachtschilf von Puerto Natles nach Puerto Montt als zahlender Passagier dauert 3 Tage und ist absolut lohnenswert. Der Besuch bei den Magellan Pinguinen in Patagonien gehören natürlich zum Pflichtprogramm. Deren Lebensraum gleicht allerdings mehr einem Truppenübungsplatz, als dem Lebensraum von Vögeln.

22.12.1994 – 23.01.1995

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Inhalt

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Reiseroute

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Donnerstag/Freitag, 22./23.12.94 – Anreise

Leicht verspätet gehen wir in die Luft. Aber die Anschlußflüge klappen trotzdem ungefährdet.

Allein in Miami hält uns die fehlerhafte Tankanzeige länger als geplant am Boden. Nach 26 Stunden reiner Flugzeit landen wir bei sommerlichen Temperaturen wohlbehalten in Santiago. Auf dem letzten Flugabschnitt haben wir wider Erwarten reichlich Platz in der Maschine, so daß wir zu ausreichendem TD (technischer Dienst) an den Augen Gelegenheit haben. Die Rucksäcke sind zusammen mit uns angekommen. Nun steht der Entdeckung Chiles nichts mehr im Wege.

Der öffentliche Bus bringt uns ins Zentrum in die Nähe des ausgewählten Hotels. Wir beziehen ein Doppelzimmer mit Bad. Nach einer Erfrischung gehen wir auf Entdeckungsreise. Die Straßen sind gesteckt voll, auch hier weihnachtet es bald sehr. Ein überdachtes Einkaufszentrum schließt an das nächste an. In jedem befinden sich unzählige kleine Läden, die ihre Waren anbieten.

Vom Cerro Santa Lucia genießen wir den Blick über Santiago. Die Treppen um den Berg sind der reinste Irrgarten. Am Nachmittag fordert das Timelag seinen Tribut. Anschließend schmeckt uns das Abendessen im Mercado Central um so besser. Auf unserer hotelzimmereigenen Terrasse beschließen wir mit vino tinto und Kartenspiel den Abend, bis uns die Dunkelheit (ca. 21:15) ins Bett treibt.

Samstag, 24.12.94 – Santiago, San José de Maipo

Wir frühstücken um 9:30 im Hotel. Die Nacht war temperaturmäßig sehr angenehm. Eine Klimaanlage scheint nicht so dringend erforderlich. Das Frühstück fällt sehr spartanisch aus. Vielleicht hätten wir mehr bestellen müssen. Na ja, morgen probieren wir es in einem Café.

Wir haben uns vorgenommen, in die benachbarten Berge nach San José de Maipo zu fahren. Der entsprechende Bus soll am Parque O’Higgins abfahren. Dorthin gelangen wir mit der Metro. Der richtige Bus startet tatsächlich direkt an der Metro-Station. Es herrscht irrsinniger Verkehr. Kaum eine Stunde später haben wir Santiago hinter uns gelassen. Von nun an geht’s flotter voran. Wir steigen im Zentrum von San José aus.

Klare Luft, wohltuende Ruhe und die umliegenden Berge nehmen uns in Empfang. In den Gipfeln der Berge findet sich sogar noch das eine oder andere Fleckchen Schnee. Wir tanken ein wenig Ruhe und schlendern durch die Straßen des kleinen Städtchens. Der Maipo schlängelt sich hier recht zahm durch’s Tal, erst wieder auf dem Rückweg nach Santiago können wir sein wilderes Temperament beobachten.

Die Rückkehr verläuft zügig, so daß wir den Nachmittag wieder in Santiago verbringen können. Die morgendliche Bushaltestelle ist auch gleichzeitig die Busendstation. Direkt nebenan liegt der Parque O’Higgins, den wir nun näher in Augenschein nehmen. Der Park scheint ein riesiges Freizeitareal zu beheimaten mit großen Grünflächen, Wasser, Sportplätzen und was sonst noch so an Restauration dazugehört. Der Park ist heute jedoch nicht stark frequentiert. Ganz anders dagegen die Straßen von Santiago. Jeder scheint noch auf Beutezug nach Geschenken unterwegs zu sein oder übergibt sie bereits. Jedenfalls herrscht dickes Gewusel. Wir erfrischen uns in einer kurzen Rast im Hotel, danach kümmern wir uns um unser leibliches Wohl. Das gewählte Restaurant liegt am zentralen Stadtplatz ‘Plaza de Armas’, der mit einigen Weihnachtsmännern und Schlitten Atmosphäre schafft. Das Restaurant schließt bereits um 21:00, aber für unser Abendessen reicht die Zeit gerade noch. Anschließend mischen wir uns unter das bunte Menschengewirr auf dem Stadtplatz. Heiligabend – ganz in chilenisch !! Fröhlich, lustig, nett und öffentlich. Selbst vereinzelte Geschäfte haben noch geöffnet. Wir beschließen den Tag auf unserer Terrasse.

Sonntag, 25.12.94 – Santiago, Til Til

Mitten in der Nacht bekommt Gabi Schlafstörungen und meint, nun muß auch für mich die Nacht zuende sein. Das Frühstück im Hotel lassen wir aus, es soll ein tolles Café in der City geben. Es ist heute nicht nur Sonntag, nein auch noch Navidad. Die Straßen sind noch leerer und die meisten Läden haben dicht. So auch unser Café. Wir nehmen das nächstbeste offene und bestellen über Gabi das Frühstück. Ich wollte Spiegeleier mit Speck, Ananassaft und Café con leche. Der Ober bringt Rührei ohne was, der Rest paßt. Aber es schmeckt auch so. Wir beschließen heute nach Caleu zu fahren. Der Führer beschreibt die Strecke für Selbstfahrer, also versuchen wir es erst mal am Terminal Norte. Aber dort starten nur Langstreckenbusse. Einer gibt uns schließlich den entscheidenden Tip ‘am Mapacho’. Dort finden wir auch einen Fahrer mit Ortskenntnis. Um 16:30 ginge der nächste Direktbus. Aber um 11:00 würde er nach Til Til fahren, von dort gäbe es eventuell einen Lift. Über die Panamericana Norte fahren wir 40 km weit, dann sind wir angekommen. Til Til hat den Charme eines typischen Straßenkaffs. Wegen 25.12 ist nichts los und von einem Lift ist auch keine Spur. Es sind zu wenig Autos unterwegs. Nach einer Ortsbegehung warten wir auf den Bus zurück nach Santiago und dürfen dann mit dem selben Bus und -fahrer wieder zurückfahren.

Auf dem Weg zum Cerro San Cristobal besuchen wir einen Blumenmarkt. Hier ist es anscheinend üblich, an Weihnachten Blumengestecke groß wie Wagenräder an diversen Orten zu plazieren. Gladiolen sind ein beliebtes Mitbringsel. Auf den Berg San Cristobal bringt uns die Teleferico. Auf halber Strecke befindet sich ein Schwimmbad, eine Ruine und ein Restaurant mit Weinausstellung und Degustation. Die Ausstellung ist mäßig interessant, das Probieren fällt aus wegen Weihnachten. Ganz oben steht eine riesige Marien-Statue, darunter eine Freiluft-Kirche in Form eines Amphitheaters mit Blick über Santiago. Mich plagt die Sonne mittlerweile (ich habe noch kein Käppi) und so fahren wir mit der Funicular wieder runter. Zum Glück hält die Bahn auf der Talfahrt nicht am Zoo und wir haben uns diesen Besuch somit schon gespart. Nach Hause geht’s dann mit der Metro.

Abends darf mich Gabi zum Vegetarier einladen. Nachdem ich sie heute als meinen ‘Weihnachtsliebling’ tituliert habe, bin ich im Gegenzug ständig ihr Weihnachtsmann. Gabi hat am Abend noch mal die Chance auf spanisch. Sie durfte das Taxi für morgen früh zum Flughafen bestellen. Unter Mithilfe der Wirtin ist es gelungen, etwas für 6:15 zu ordern. Mal sehen was da so kommt.

Uns ist zum 1. Mal etwas gestohlen worden! Ein belichteter Film – der 1. sonst wäre es gar nicht aufgefallen. Das Feudelgeschwader hat sich wohl selbst zu einem Weihnachtsgeschenk verholfen. So was Blödes !!

Montag, 26.12.94 – Arica

Mitten in der Nacht 5:30 klingelt der Wecker. Das Taxi kollektivo ist halbwegs pünktlich und so schaffen wir es rechtzeitig zum Flughafen. Unser Flieger nach Arica startet vom Aeropuerto Internacional, da der Flug La Paz ansteuert. Mit Zwischenstop in Iquique verläuft alles planmäßig. Allein mein Rucksack kommt eine 1/2 Stunde später an, da er es vorgezogen hat, die Konkurrenz, einen Ladeco-Flieger, zu nehmen.

Der Flughafen liegt inmitten einer Wüstenlandschaft wie auch die Straße nach Arica. Unser Taxi liefert uns am gewünschten Hotel Lynch ab. Wir beziehen ein nettes Zimmer und dann hält Jan nichts mehr. Einen Strandtag vor Augen kann auch die größte Mittagshitze nicht verhindern. Zielstrebig zieht es ihn durch die Straßen zum Strand. Nur das notwendige Geldkaufen ist unterwegs gerade noch gestattet.

An der Hauptstraße nehmen wir einen Bus zum Playa El Laucho – eine Bucht mit dunklem heißen Sand. Für mich ist die Sache ausschließlich unterm Sonnenschirm erträglich, den eine Alte gegen harte Pesos verleiht. Aber auch Jan hat nach einer guten Stunde Sonnenbaden genug ROT getankt und wir verziehen uns auf die überdachte schattige Terrasse des benachbarten Restaurants. Die Oma, die mir den Sonnenschirm vermietet hat, folgt uns schon ganz nervös. So entrichten wir unseren Obolus sogleich. Mit Wein und Muscheln läßt’s sich hier gut aushalten. Für Jan ist dieser kulinarische Genuß eigentlich nicht so das Wahre – von wegen Montezuma und seiner Rache. Er wird’s später büßen.

Gegen 17:00 kehren wir zurück ins Hotel. Jan hat nun häufiger in den gekachelten Räumen zu tun. Er versucht zu schlafen und ich gehe noch mal auf Entdeckungsreise durch den Ort. Die Einkaufszone ist recht nett und gut besucht. Die Kirche ist ganz aus Eisen und von Eiffel (eben derselbe) entworfen und gebaut worden. Ein sehr ungewöhnliches Modell. Sie thront auf einer Terrasse über dem Plaza de Armas und dem Hafen.

Zurück im Hotel, meine Orientierung hat mich ganz gegen alle Erwartungen nicht im Stich gelassen, muß Jan zunächst mit Tee und Weißbrot versorgt werden. Immodium wird wohl den Rest besorgen, damit wir morgen an unserer geplanten und gebuchten Tour in den Parque Nacional Lauca teilnehmen können.

Dienstag, 27.12.94 – NP Lauca

Morgens um 7:00 ist die Welt noch in Ordnung und wir warten auf den Tourbus. Wir werden gegen 7:30 abgeholt. Eine weitere Teilnehmerin kommt noch nach uns an Bord und dann kann’s losgehen. Wir sind ein ziemlich bunter Haufen unterschiedlicher Nationalitäten.

Wir durchfahren mehrere Vegetationszonen und lassen auch die Highlights am Wegesrand nicht aus. Im Tal wird in einem schmalen grünen Streifen Landwirtschaft betrieben, direkt daneben beginnt die Wüste. An den Berghängen sind an einigen Stellen Alpakas und Indios in den Stein modelliert. Warum und von wem auch immer. Als nächstes besuchen wir eine alte Kirche mit ödem Friedhof. Von nun an geht’s nur noch bergauf. Bald befinden wir uns in der totalen Wüste gefolgt von einem schmalen Vegetationsstreifen, in dem der Kandelaber-Kaktus wächst. Innerhalb der Kaktus-Zone existiert eine recht wundersame Stelle: der Bus fährt hier ohne Motorkraft bis zu 25 Km/h bergauf!! Ein Phänomen, das bis jetzt keiner schlüssig erklären konnte.

Bald darauf haben wir die Altoplano mit unseren ersten wilden Guanacos erreicht. Das Frühstück wird gegen 11:00 in einem Rasthaus serviert: Käsebrot mit Matetee. Der Matetee soll gegen die Höhenkrankheit helfen. Die weitere Fahrt führt stetig bergauf – vorbei an Putre, der wichtigsten Stadt der Region. Die Höhe scheint Majoran gut zu bekommen, bei jedem Halt riecht es sehr intensiv danach. Mittlerweile hat sich der Himmel ziemlich zugezogen und die Temperaturen lassen merklich nach. So ab 4.000 m Höhe sehen wir Familienverbände von Vicuñas, Llamas und Guanacos. Außerdem stellen sich merkwürdige Hasen mit langem Schwanz (Hasenmäuse, Verwandte der Chinchillas) direkt neben der Straße aus. Die Vegetation ist karg, die “Grasbüschel” hart und spitz. Je mehr Höhe wir erklimmen, desto stiller wird es im Bus. Auch Jan ist mittlerweile in Dauerschlaf gefallen. Es fehlt uns deutlich an Sauerstoff.

Die beiden landschaftsbeherrschenden Vulkane hüllen sich leider überwiegend in Wolken und lassen sich nur während der einen oder anderen Wolkenlücke blicken. Am Lago Chungara zeigt sich das Wetter von seiner besten Seite – es gewittert mit Regen, Blitz, Donner und Hagel. Ob der großen Höhe können wir das Panorama und die Flamingos gar nicht so richtig genießen. Die Tour ist für einen Tag schon eine echte Strapaze mit dem Höhenunterschied von 4.500 m. Auf dem Rückweg gibt’s noch eine alte Kirche mit einem alten Tisch, der angeblich wandert. Die Einheimischen sagen, daß er in dem Haus die Seelen mit sich nimmt, vor dessen Tür er stehen bleibt.

Mittlerweile schläft der gesamte Bus. In Putre erwacht alles wieder zum Leben. Das Mittagessen wird serviert (17:00, eigentlich die klassische Zeit für Onces). Für mich beschränkt sich das Essen auf arroz solo, auf daß sich der Magen wieder beruhigen möge. Putre zeigt sich nicht gerade von seiner charmantesten Seite, es nieselt und keiner hat so recht Lust zu einem Stadtrundgang, deshalb dreht der Bus eine Runde durch die Gassen.

Die weitere Rückfahrt auf dem direkten Weg nach Arica findet zeitweise mit null Sicht statt. Zurück im Hotel fallen wir sofort in die Betten (22:00) und schlafen, schlafen, ….

Mittwoch, 28.12.94 – Iquique

Ausgeschlafen und gut gefrühstückt versuchen wir am Busterminal Tickets nach Calama für die Nacht zu erstehen. Aber jedes Büro hat die gleich stereotype Antwort für uns: mañana, mañana. Also disponieren wir um und fahren erst mal nach Iquique. In Iquique (ca. 14:00) gelingt es uns dann für den Abend um 22:00 einen weiterführenden Nachtbus nach Calama zu ergattern. Also Zeit genug sich in Iquique umzusehen.

Der zentrale Plaza Prat mit dem Torre de Reloj (Uhrturm) ist bald gefunden. Rund um den Platz befindet sich der spanische Kern des Ortes. Jan treibt schon bald der Hunger. Also schlagen wir uns in Richtung Mercado Central, wo es guten Fisch geben soll. Der Markt hat leider bereits geschlossen, so suchen wir uns ein anderes Lokal. Sobald der Hunger gestillt ist, versorgen wir uns mit Proviant für die Nachtfahrt und tippeln langsam zum Busterminal. Auf dem Weg dorthin liegt die alte Bahnstation, die derzeit entkernt und restauriert wird.

Ein ziemlich stockendes Gespräch ganz in spanisch mit einem alten chilenischen Pärchen gestaltet die Wartezeit auf dem Busbahnhof recht kurzweilig. Immerhin haben wir einige Belanglosigkeiten austauschen können.

Bevor wir im Bus unsere Plätze einnehmen können, wird das Gepäck einer eingehenden Kontrolle unterzogen, da es verboten ist, Obst aus dem Norden in südlichere Regionen mitzunehmen. Im Norden gibt es einen Obstvirus, der bisher nur dort verbreitet ist und sich nicht weiter im Land ausbreiten soll.

Unser Bus startet gegen 22:30, die Nacht hat begonnen.

Donnerstag, 29.12.94 – San Pedro de Atacama

Der Bus schlängelt sich in der Autoschlange die Straße die Küstenkordillere über Iquique hoch. Langsam gleiten wir in das Reich der Träume. Gegen 3:30 werden wir gewaltsam aus dem Schlaf gerissen. Obstkontrolle !! Alles muß ‘raus aus dem Bus inklusive Handgepäck. Nach 15 Minuten ist der Spuk vorbei. Wir dürfen wieder einsteigen und die Reise fortsetzen. Um 7:00 wird das Frühstück serviert. Eine Stunde später erreichen wir Calama.

Die Stadt schläft noch. Das Leben scheint hier erst später zu erwachen. Einen Kaffee und Geldwechseln später sitzen wir schon wieder im Bus, mit dem Ziel San Pedro de Atacama. In 1 1/2 Stunden durch die totale Wüste erreichen wir San Pedro gegen Mittag. Wir nehmen Quartier bei einer Schweizerin – ohne baño privado zu Jan’s Leidwesen.

San Pedro stellt sich uns als nettes goldiges Kaff vor. Am Nachmittag touren wir ins Valle de Luna zum Sonnenuntergang. Wir fahren durch eine heiße verrückte Laune der Natur mit viel Salz und anderen Mineralien. Oberhalb der Mondterrasse warten wir auf das Sonnen-Sandmännchen. Auf der Sanddüne oberhalb der Mondterrasse haben wir einen phantastischen Panoramablick. Zurück zum Auto wedeln wir die Sanddüne hinunter. Zu Jan’s beliebtester Essenszeit finden wir uns wieder in San Pedro ein. Es ist 21:00. Wir finden eine gemütliche Kneipe für das Abendessen. Suppe bzw. Salat mit Spaghetti (1 x Fleisch, 1 x Avocado).

Zurück in unserer Casa erfahren wir von unserer Wirtin, daß wir in unserem 4-Bett-Zimmer Zuwachs bekommen haben. Ein französisches Pärchen, das in Bolivien lebt, mit einem Bäh. Wir treffen das Paar vor der Haustür und kauderwelschen einen netten Abend in einem Mischmasch aus deutsch, englisch, spanisch und französisch bei einer Flasche leckerem Rotwein.

Freitag, 30.12.94 – Salar de Atacames

Das Bäh ist ein Vorzeigekind, es schläft ohne Mucks die Nacht durch und wacht sogar erst nach uns auf. Wir verabschieden uns von unseren Zimmergenossen und streben dem Frühstück entgegen.

Mit Saft, Kaffee und Käsesemmel gestärkt, können wir uns nun unseren hausfraulichen Pflichten hingeben. Wäsche waschen ist angesagt. Wir ziehen eine weitere Strippe durch den Garten und stellen unsere T-Shirts und Reizwäsche aus. Gegen Mittag können wir alles schon wieder abnehmen, die Sonne hat ihre Trockenaufgabe schnellstens erledigt. Wir sitzen derweil im Schatten am Dorfplatz und spielen Karten und Würfel. Ein lauer fauler Vormittag.

Nach einem leichten Mittagessen ziehen wir uns in unsere Casa zurück und bereiten uns auf die Nachmittagstour zur Salar de Atacama mit wilden Flamingos vor. Pünktlich um 15:30 startet der vollbesetzte Tourbus. Wir haben uns die Plätze an der Front gesichert. Freiheit für die Beine! Wir besuchen am Wegesrand zur Salar ein grünes Tal, in dem früher die Bewohner des heutigen Toconao lebten. Reste der Pueblos und der Lagerräume im Fels zeugen von den früheren Bewohnern. Danach besichtigen wir das heutige Toconao mit seinen weißen Lavastein-Häusern.

Nach kurzem Aufenthalt werden wir über die Rüttelpiste zur Salar gekarrt.. Um uns befindet sich nichts als Salzwüste. Am Endpunkt unserer Tour erwartet uns ein kleiner See mit einer kleinen Flamingo-Kolonie, die jedoch leider nur durch’s Fernglas betrachtet werden darf. Lediglich ein vorwitziger Flamingo hält sich in Photographier-Entfernung auf. Aber Warten lohnt sich mitunter. 2 Mal fliegt ein Pärchen Flamingos beinahe über unsere Köpfe hinweg. Eine ordentliche Brise läßt die flirrende Hitze erträglich erscheinen.

Mit dem Sonnenuntergang kehren wir nach San Pedro zurück und sehen dem Abendessen entgegen. Diese Nacht müssen wir etwas schneller schlafen, denn um 3:30 wird sie bereits vorbei sein. Um 4:00 beginnt die Fahrt zu den Geysiren.

Samstag, 31.12.94 – Tatio Geysires

Um 3:30 ist die Nacht unbarmherzig vorbei und wir krabbeln aus den Betten. Im Schein der Taschenlampe (denn in San Pedro gibt es nur von 20:00 bis 24:00 Strom) ziehen wir uns an. Pünktlich um 4:00 werden wir abgeholt und ab geht’s auf die Rüttel-Schüttel-Piste. Nach den vor uns liegenden 100 km können wir bestimmt verbindliche Aussagen über den Zustand unserer Bandscheiben machen. Im Landrover herrscht Stille. Jeder versucht trotz Gerüttel noch etwas zu schlafen.

Mit dem Morgengrauen liegen die qualmenden, blubbernden und zischenden Geysire vor uns. Das gesamte Plateau scheint zu qualmen. Außerdem herrscht noch eine Affenkälte. Alles bibbert trotz Jacken und Pullovern. Sämtliche Touris dürfen sich frei und ungehindert über das gesamte Geysirfeld bewegen. Watch your steps! Wir bekommen sogar heißen Kaffee und eine Käsesemmel zum Frühstück. Einige Touris wärmen ihre Milchtüten in natürlichen Tauchsiedern (kleinen Geysiren). Ganz witzig. Wir werden nun zu einem thermalen Schwimmbad geführt. Auch hier blubbert und kocht es. Direkt neben einem Geysir bebt die Erde sogar unter den Füßen, wenn man sich auf die entsprechende Stelle stellt. Die Sonne steht jetzt schon recht hoch. Die Szenerie verändert sich allmählich. Die meisten Geysire werden bereits durch die Sonne verdampft. Nur die größeren Exemplare weisen noch Dampfwolken auf. So richtig spektakuläre Geysire mit hoher Fontäne sucht man hier vergebens, es macht mehr die Quantität. So ab 9:30 hat die Sonne fast alle Geysire geschafft und wir machen uns wieder auf den Rückweg. Etwa auf halber Strecke liegen die Thermas Puritana mit einem natürlichen Pool. Hier nehmen wir noch ein entspannendes Bad bis der nächste Tourbus eintrifft, dann räumen wir das Feld und treten endgültig die Heimfahrt an. Die Fahrt führt nun durch einen kurzen Abschnitt mit Saguaro-Kakteen. Ansonsten gibt’s nur Wüste, Steine und wüstenresistente Grasbüschel. Die eine oder andere Familie Vicuñas und Llamas können wir in der Ferne ausmachen.

Gegen 13:00 hat uns San Pedro wieder und wir ziehen uns zur wohlverdienten Siesta zurück. Nach der größten Mittagshitze wandern wir 3 km nordöstlich von San Pedro zu den Inka-Ruinen Pukará. An einem Berghang gekuschelt können wir sie schon von Ferne entdecken. Die Ruinen sind teilrestauriert und in recht anschaulichem Zustand. Ein herrlicher Panoramablick in das nächste Tal und über die grüne Oase San Pedro belohnt uns für unseren staubigen Fußmarsch und das Erklimmen der Ruinen.

Zurück im Dorf bereiten wir uns auf die Silvesternacht vor. Das Dorf ist voller Menschen, einige Touris scheinen noch kein Quartier gefunden zu haben. Wir nehmen das Silvester-Menue in der uns schon bekannten Kneipe, die sich im Laufe des Abends bis auf den letzten Platz füllt. Bald tauchen 3 Mädels unserer Salar- und Tatio-Tour auf und leisten uns Gesellschaft. Kurz vor Mitternacht drängt es uns auf die Straße. Aber viel ereignet sich enttäuschenderweise nicht. Unserer Erwartungshaltung (durch Baños, Ecuador, geschürt) wird leider nichts entgegengesetzt. Außer warmem Sekt (igitt!) der 3 Girls gibt’s nichts zu berichten. Bereits um 0:30 zieht es Jan in die Horizontale. Der warme Sekt hat sein übriges getan.

Sonntag, 1.1.95 – unterwegs

Wir haben den 8:00-Bus gebucht, daher müssen wir entsprechend früh ‘raus aus den Federn – egal was der Kopf dazu sagt. Gestern abend muß entweder der Rotwein oder der Sekt schlecht gewesen sein. Wir leiden jedenfalls beide still vor uns hin und schauen der bevorstehenden Busfahrt voller Glück entgegen.

Etwas Schlaf konnten wir auf der Busfahrt bis Calama nachholen ob des komfortablen Busses. Im Café Bavaria nehmen wir unser Frühstück. Kopf und Magen freunden sich nun doch langsam mit dem Tag an. Ab 12:00 stehen uns weitere 3 Stunden Busfahrt nach Antofagasta bevor. Wir reisen in einem Salon Semi Cama – obwohl doch hellichter Tag ist. Dieser Bus läßt weitere Nachtfahrten durchaus in die Planung aufnehmen.

Antofagasta ist selbst am Nachmittag noch völlig geschlossen und ruhig. Erst am Abend zeigen sich ein paar Einwohner auf den Straßen.

Montag, 2.1.95 – Antofagasta

Nach dem Frühstück widmen wir uns unserer weiteren Reiseorganisation. Das dem Hotel benachbarte Reisebüro bemüht sich sehr für uns die Schiffspassage von Puerto Natales nach Puerto Montt zu besorgen. Kaum 2 Stunden später sind wir um US$ 520 ärmer und haben 2 Gutscheine mit einer Fax-Rekonfirmation in der Tasche. Die Tickets sollen wir in Santiago bei NAVIMAG am 5.1 abholen können.

Der Umtausch der US$ 520 in Pesos gestaltet sich als sehr zeitraubend. Sämtliche Bewohner Antofagasta’s scheinen zu Weihnachten Geldgeschenke bekommen zu haben, welches sie heute alle gleichzeitig einzahlen wollen. Wir reihen uns in die riesige Schlange ein und bemerken mit Erstaunen: sie bewegt sich doch!

Anschließend gönnen wir uns zusätzlich noch die Ladeco-Schlange, da wir unser Flugticket von Antofagasta – Santiago – Punta Arenas auf La Serena – Santiago – Punta Arenas umbuchen wollen. Hier verteilen sie wenigstens Wartenummern, so daß wir die Wartezeit nicht unbedingt im Office verbringen müssen. Uns treibt der Durst in die nächste Kneipe. Dort verleiben wir uns außerdem den chilenischen Volkssnack – einen Dinamico = Hot Dog mit Tomate, Avocado, Zwiebeln und Majo (ich könnte gut auf das Würstchen verzichten) – ein. Zurück bei Ladeco gelingt das Umbuchen des Fluges trotz Sondertarif. Anschließend sichern wir uns das Busticket für die morgige Busfahrt nach La Serena. Nun kann die Sightseeing-Tour langsam beginnen.

Der nächste Bus bringt uns zum La Portada, ein riesiger Felsbogen im Meer – das meistphoto-graphierteste Motiv Chiles. Wir verbringen 2 Stunden am Meer, dann fahren wir mit dem Bus wieder zurück in die Stadt. Wir versorgen uns für die morgige lange Busfahrt mit Reiseproviant. Ein kleiner Snack im Hotelzimmer ersetzt das Abendessen. Unser abendliches Kartenspiel im Aufenthaltsraums des Hotels wird durch ein englisch-spanisches Gespräch mit einem chilenischen Studenten angereichert.

Dienstag, 3.1.95 – unterwegs nach La Serena

Ein Geburtstagsbustag steht mir bevor. Fahrplangemäß um 9:15 startet der Bus mit Ziel La Serena, das sich ca. 800 km weiter im Süden befindet. Wir fahren von der Küste zunächst über die Küstenkordilleren und dann endlos durch die Wüste. Nach ca. 30 Minuten steht eine modellierte Hand mitten in der Wüste. Ganz aus Beton “Mano de Desierto” und witzig. Das Gegenstück hierzu soll es in Madrid geben.

Bei Chañaral erreichen wir wieder die Küste. Die Berge fallen steil ab ins Meer. Statt Strand erwartet den Betrachter also Felsenküste. Hinter Copiapo verändert sich die Landschaft wieder – in Steppe. Wir haben noch rund 5 Stunden Fahrt vor uns (und bereits 8 Stunden hinter uns). Gegen 22:30 sind wir am Ziel. Ein Taxi bringt uns zum gewählten Hotel (LP empfiehlt) und ziehen uns direkt zum Federball zurück.

Der Service im Bus war übrigens überraschend gut. Es wurde Mittagessen (Reis, Fleisch und Getränk) und am Spätnachmittag Onces (Tee oder Limo mit Törtchen und Keksen) serviert.

Mittwoch, 4.1.95 – La Serena, Coquimbo

Da wir schon früh zu Bett waren, wachen wir zeitig auf. Es gibt heißes Wasser zum Duschen. Das ganze Hotel ist gut. Ein Bau aus der Kolonialzeit, mäßig erhalten aber super sauber. Das Personal und der Chef sind tierisch nett und offensichtlich mit dem Hotel alt geworden. Nach dem Frühstück zeigt der Stadtrundgang eine blitzsaubere Stadt, die den spanischen Einfluß nicht verleugnen kann. Viele Kirchen und spanische Gemäuer prägen das Zentrum.

In der direkten Nachbarschaft zu La Serena liegt Coquimbo. Coquimbo erreichen wir rechtzeitig zum Fischmarkt inklusive unzähliger Füller, die neben den hereinkommenden Fischerbooten auf ihren Anteil des Fischfangs warten. Füller über Füller und daneben Möwen Blut verschmiert bevölkern die Szene. Direkt neben dem Fischmarkt essen wir leckere Empanadas Mariscos und Sandwich Pescado – frisch vom Tagesfang.

Anschließend fahren wir mit dem Collectivo zum Badestrand. Trotz unserer Vorbräune und Sonnencreme bleibt uns der Sonnenbrand nicht erspart. Wir laufen am Strand zurück zum alten Leuchtturm bei La Serena. Am Abend nehmen wir einen kurzen Snack im Hotel (Avocado, Tomate, Schinken oder Käse, Majo, Sandwich selbst gemacht), schreiben Postkarten, essen Abendbrot und begeben uns ins Bett.

Donnerstag, 5.1.95 – Zwischenstation Santiago

Schluß geschlafen und gut gefrühstückt lassen wir uns zum Flughafen bringen. Wir haben noch 2 Stunden Zeit bis zum Abflug! Wir vertreiben uns mit Würfeln ein wenig die Zeit, denn der Miniflughafen gibt nicht gewaltig viel her. Erst kurz vor dem Abflugtermin füllt sich die Halle.

Wir gehen pünktlich in die Luft. Dieses Mal sitzen wir auf der richtigen Seite und können Schneeberge angucken. Aber bald hat uns Santiago wieder. Wir beziehen das uns bereits bekannte Hotel und ziehen dann los in Richtung NAVIMAG zu unseren Schiffspassage-Tickets.

Im östlichen Stadtteil Los Condes mit vielen modernen Hochhäusern finden wir das richtige Bürohochhaus und bekommen tatsächlich unsere Boletos!! Whouh!! Wir dürfen durch die Fjorde bootfahren. Auf dem Rückweg zum Hotel klappern wir noch mal die Plätze des ersten Santiago-Besuchs im Schnellgang ab und arbeiten so die mutmaßlichen Bilder des geklauten Films auf. Danach ist erst mal relaxen angesagt. Abendbrot gibt’s auf der Plaza de Armas zwischen der feierabendlichen Menschenmenge. Bei lauen Temperaturen läßt es sich gut draußen aushalten und dem bunten Treiben zuschauen.

Freitag, 6.1.95 – Punta Arenas und die Pinguine

Wir verlassen um 7:00 das Hotel. Kurz darauf lädt uns auch schon der bestellte Flughafen-Minibus ein. Der Flieger startet mit etwas Verspätung. Im 1. Step bis Puerto Montt wird das Frühstück serviert. Der 2. Step verwöhnt uns dann mit dem Mittagessen. So landen wir gut gesättigt in Punta Arenas. Der dortige Flughafenbus fährt postwendend los und setzt uns schon um 13:30 in der Stadt ab. Auf dem Weg zum Hotel buchen wir gleich eine Pinguin-Tour für den Nachmittag. Unser Hotelzimmer beziehen im Ritz und schon sind wir wieder unterwegs.

Die Tour beginnt um 15:15. Pingus wir kommen! Aber die Tiere am Wegesrand brauchen sich auch nicht zu verstecken, wie unterschiedliche Sorten Gänse, Schwarzhalsschwäne (die könnten sich auch ruhig mal waschen!) und Nandus sorgen für unsere Kurzweil. Angekommen bei der Seno Otway Kolonie werden wir direkt verhaltenstechnisch in das Miteinander mit den Pinguinen eingewiesen. Außerdem dürfen sich die Touris sowieso nur auf den markierten Wegen bewegen, wer weiß wo sie sonst so ‘rumtrampeln würden.

Die Pinguine haben derzeit 2 1/2 Monate alte Babys. Die sind wirklich zum knuddeln. Wir schießen viele viele Photos mit nichts als Pinguinen. Außerdem leben die Pinguine in friedlicher Nachbarschaft mit Graufüchsen, Skunks und Nandus. Unsere 2 Stunden Freigang gehen leider viel zu schnell vorüber. Wir könnten den Pingus noch stundenlang Gesellschaft leisten trotz des andauernden Nieselregens.

Zurück in Punta Arenas holen wir mit superleckeren Kingscrabs das Geburtstagsessen nach. Mit vollgefutterten Bäuchen kehren wir in unser Hotel zurück. Es ist 22:30 und die Dämmerung hat erst begonnen. Übrigens wurden wir temperaturmäßig angenehm überrascht, es ist bei weitem nicht so kalt wie vermutet, doch das Wetter ist eher wechselhaft. Bei den Pingus hat’s ständig getropft.

Samstag, 7.1.95 – Puerto Natales

Wir befinden uns schon wieder auf der Piste. Mit einem Spezialbus fahren wir nach Puerto Natales. Nach 3 Stunden Fahrzeit erreichen wir unser Ziel gegen 13:00. Auch hier kann man eher von wechselhaften Witterungsverhältnissen sprechen. Sicher ist in jedem Fall der unablässige Wind.

Als erstes suchen wir das hiesige NAVIMAG-Büro auf, um zu erfragen, wann und wo der Frachter am 10. ablegt. Dann erst kümmern wir uns um ein Hotelzimmer. Anschließend begeben wir uns nach einer guten Stärkung auf die Suche nach einer 2-Tages-Tour in den NP Torres del Paine. Lange Suche gar kein Sinn. Schließlich und endlich buchen wir doch die Standardtagestour (alle anderen Angebote wären unverhältnismäßig teuer gewesen) und für den 2. Tag eine Schiffstour zu den Gletschern. Den restlichen Tag verbringen wir mit der schwierigen Suche nach Verpflegung für die Tourtage. Gar nicht so einfach, bei diesem ausgewählten Angebot.

Im Hafen schwimmen einige der Schwarzhalsschwäne entweder mit Kopf oder Po oben und bilden einen wunderschönen Vordergrund für das phantastische Panorama mit den umliegenden Bergen.

Sonntag, 8.1.95 – NP Torres del Paine

Unsere Tour beginnt 7:30. Der Tourbus holt uns am Hotel überpünktlich ab. Gleich geht’s auf die Bandscheiben-Prüfstrecke. Alles ganz in Piste gehalten.

Die Torres halten sich zunächst ganz bedeckt. Ansonsten bleibt der NP seinem Ruf treu – Wind gratis. Die Landschaft ist grandios, die Seen beeindrucken durch ihre intensiven Farben von türkis bis tiefblau. Viele Guanacos in Familie oder auch alleine säumen unseren Weg. Der Salto (Wasserfall) macht soviel Lärm, das selbst das Pfeifen des Windes übertönt wird. Am Lago Grey dürfen wir einen längeren Fußmarsch zu den Eisbergen unternehmen. Auch hier pfeift der Wind in unverminderter Heftigkeit, aber sobald die Sonne zwischen den Wolken hervorblitzt, verzaubert sie Eisberge und Landschaft. Nun fahren wir die ganze Rumpelstrecke wieder zurück. Ein Fuchs gibt sich die Ehre sowie Guanacos in Großfamilie. Selbst die Torres werden zum guten Schluß von den Wolken freigegeben.

Zurück in Puerto Natales waschen wir uns zunächst den Staub der Tour ab und füllen anschließend unsere Bäuche mit einer Überdosis an Lachs. Mmmmh! Nos gusta mucho! Der Verdauungsspaziergang führt uns entlang der Strandpromenade zur betonierten Hand. Es ist mittlerweile 21:00 und immer noch taghell. Zum Tagesabschluß geben wir uns dem billigsten chilenischem Nationalgetränk – dem Wein – hin.

Montag 9.1.95 – NP Balmaceda

Wir gewöhnen uns schon mal ans Bootfahren und schippern durch einen Fjord zu den Höhepunkten: Balmaceda- und Serano-Glaciar. Eine Kormoran-Kolonie, ein paar Seehunde und den majestätischen Andenkondor können wir am Wegesrand beobachten. Die Kormorane begleiten uns immer wieder im Formationsflug. Ihre Start- und Landetechnik ist besonders ausgefeilt. Die Wasseroberfläche dient als Start- und Landebahn. Die Beschleunigung kurz vor dem Abheben beeindruckt insbesondere. Kormoran Airlines ready for take off.

Die Gletscher, die auf den uns umgebenden Bergen hängen, erinnern sehr an Alaska. Die größten Gletscher sind der Balmaceda und der Serano Gletscher, wobei der Serano Gletscher bis ins Wasser vorrückt und uns sogar ein Schauspiel der Extraklasse bietet – er kalbt mit großem Getöse.

Danach fahren wir wieder geradewegs nach Puerto Natales. Wir gönnen uns noch ein üppiges Abendessen in der Erwartung, daß die Verpflegung auf der nun folgenden 3-tägigen Schiffspassage nicht so reichlich ausfallen wird. Ab 20:30 finden wir uns am NAVIMAG-Office ein und warten darauf, daß die Uhr 22:00 zeigt und wir an Bord gehen dürfen. Zuvor braucht’s jedoch noch einen Stempel auf dem Ticket für das erfolgreiche Boarding. Alles nicht so einfach. Aber bald wandert die bunte Horde gen Schiff. Unsere Kabine verfügt sogar über ein eigenes Baño. Wir teilen die Kabine mit einem schottische Pärchen. Die Economy-Class-Passagiere scheinen recht abenteuerlich untergebracht zu sein – mitten im dicken Bauch des Frachters ohne Fenster dafür mit um so mehr Stockbetten.

Das Schiff “Puerto Eden” ist viel größer ausgefallen, als wir es uns vorgestellt haben. Der riesige Frachter hat neben einer Unmenge von Containern, die in der Nacht verladen werden, auch uns geladen. Lassen wir uns also überraschen, wie die Seefahrt durch die Fjorde so ausfällt. Ahoi, morgen früh gegen 6:00 sollen wir in See stechen.

Dienstag, 10.1.95 – unterwegs

Der Wake-Up-Service klopft um 7:45 an die Tür. Das Frühstück verträgt durchaus eine Anreicherung mit Käse und Wurst. Das Wetter zeigt sich eher durchwachsen, wie es halt für diese Gegend zu erwarten ist. Nach ausgiebigem Hin- und Herstreichen auf dem Schiff inklusive Schäfchenbesuch am Oberdeck vertreiben wir uns die Zeit bis zum Mittagessen mit Kartenspielen.

Da der Frachter zwar um 6:00 ausgelaufen ist, aber zwecks irgendwelcher Unterschriften wieder umkehren mußte, befinden wir uns zum Frühstück erneut in Puerto Natales, drehen dort eine Ehrenrunde und beginnen die Fahrt nochmals. Dafür ankern wir dann von 10:00 bis 11:30 irgendwo und warten auf die Flut, denn eine Meerenge liegt vor uns. Der Kirke Pass stellt sich als unglaublich enge Passage für so einen riesigen Topf dar. Alle Passagiere befinden sich an Deck, beobachten das Schauspiel und lassen sich durchpusten. An der engsten Stelle des Kirke Pass sind wir versucht, die neben uns aufsteigenden Felsen zu berühren. Kurz nach der Passage läßt das Schiffshorn alle Passagier, natürlich auch mich, und die Viecher aufschrecken. Linker Hand ist eine Miniinsel voller Seelöwen zu sehen. Langsam verzieht sich alles wieder ins Warme.

Das Nachmittagsprogramm sieht den Besuch der Brücke, einen Vortrag und Video über die Magellanes vor. Viel bleibt hier eh nicht zu tun. Im Laufe des Nachmittags kommt etwas Nebel auf, am Abend ist dies sogar mit etwas Schnee verbunden. Es hat also deutlich abgekühlt.

Bei einer Flasche Rotwein kommen wir unseren schottischen Zimmergenossen etwas näher und können so etwas für unser Englisch tun. Gegen 23:00 haben wir die nötige Bettschwere und lassen uns in der Koje vom Brummen der Schiffsmotoren einschläfern.

Mittwoch, 11.1.95 – immer noch unterwegs

Der Wake-Up-Service holt uns aus dem Tiefschlaf. Das erste Highlight tritt kurz nach dem Frühstück ein, wir erreichen Puerto Eden. Der Frachter wirft Anker und läßt die Laderampe herunter. Eine Armada von Fischerbooten nimmt den Frachter in Empfang. Einige Passagiere und Ladung wechseln das Boot. Rund um die Laderampe herrscht buntes und emsiges Treiben.

Eine gute Stunde später nehmen wir wieder Kurs auf und steuern der englischen Durchfahrt “Angostura Inglesa” entgegen. Auf einer kleinen Insel grüßt uns eine kleine Kapelle mit einer Jungfrau. Sie wacht über alle vorbeifahrenden Seefahrer. In dieser Ecke pfeift der Wind ganz außerordentlich und man tut gut daran, alles winddicht zu verschließen sowie für einen festen Stand zu sorgen.

Das Mittagessen ruft. Alles strebt unter Deck. Es wird sogar auf Anfrage ein vegetarisches Menue serviert. Gegen Abend erreichen wir den Pazifik am Golfo de Puenas. Für 12 – 15 Stunden verlassen wir den Schutz der Fjorde. Die Empfehlung des Tages lautet: wenig trinken und ein leichtes Abendessen. Trotzdem finden sich im Laufe des Abends immer mehr Leichen und “Häufchen” im Schiff. Im allgemeinen wird früh zu Bett gegangen. Schon das Sich-Bewegen ist schwierig geworden. Man öffnet ein Schott und die Krängung wirft es wieder zu oder reißt es einem aus der Hand. Außerdem beschleunigt man mitunter beim Gehen durch die Gänge unvorhergesehenermaßen. Wir schließen uns dem Trend an und machen zeitig bubu. In der Nacht gestaltet es sich noch mal recht ungemütlich, um 6:30 ist der Spuk jedoch zuende. Die schützenden Fjorde haben uns wieder.

Donnerstag, 12.1.95 – nach wie vor unterwegs

Ob es am heutigen Morgen einen Wake-Up-Service gab, weiß keiner so genau. Wir werden jedenfalls erst durch die allmorgendliche Durchsage des Kapitäns für das Frühstück geweckt. Nur langsam finden wir aus den Federn.

Draußen inszeniert Hitchcock, die Ufer sind in tiefe Wolken gehüllt. Dafür tummeln sich Seelöwen und Pinguine im Wasser. Viele kleine Inseln, die ob des Bewuchses wie Bubiköpfe oder Kressetöpfe aussehen, ziehen sich entlang der Fahrrinne. Nach der einen oder anderen Gabelung geht’s nur noch geradeaus bis Puerto Montt.

Die Ufer fallen nun nicht mehr so steil ab wie gestern, dafür sind sie bis zum Wasser dicht bewachsen. Viele Vögel tummeln sich in, auf und über dem Wasser. Es gibt auch Spezies, die nicht mehr fliegen können und deren Flucht vor dem Frachter auf der Wasseroberfläche durch die Stummelflügel unterstützt wird, denn schwimmen können sie offensichtlich ebenfalls nicht.

Am Nachmittag ziehen die Wolken etwas höher, so daß sich ab und zu eine kleine blaue Wolke dazwischen schummeln kann. Später sind auch Schneeberge und klassische Vulkankegel zu sehen. In der Abendsonne ist uns sogar ein erstaunlich klarer Panoramablick auf schneebedeckte Gipfel vergönnt, begleitet von einem wunderhübschen Sonnenuntergang.

Für den Abend wurde Surprise Surprise angekündigt. Jeder Passagier bekommt eine Urkunde, danach führen ein paar Offiziere mit ein paar Passagierinnen den Pinguintanz vor zur Belustigung der Zuschauer. Die anschließende obligatorische Disko läßt den Frachter beben.

Wer wohl am Ruder steht ?

Freitag 13.1.95 – Puerto Montt

Das Frühstück wird dieses Mal auch ohne Essensmärkchen gereicht. Rucksackpacken ist angesagt, ansonsten bleibt nicht mehr viel zu tun. Um 9:30 ist uns Puerto Montt bereits zum Greifen nahe. Aber wir werden erst um 13:00 das Anlegemanöver starten und dürfen in der Folge natürlich erst um 14:00 von Bord. In der Zwischenzeit können wir ein paar Pinguine beobachten, solange bis aufziehender Nebel und Nieselregen auch dies verhindert. Nun wartet alles nur noch auf das Mittagessen.

Als almuerza gibt’s Spaghetti Bolognese. Bald darauf werden wir von einem Schlepper in den Hafen geleitet. Für die Entladung sind 4 verschiedene Rampen in unterschiedlicher Höhe am Ufer vorgesehen für die variierenden Bauarten der Laderampen. Das Anlegemanöver dauert seine Zeit, da der Schlepper mit Motorkraft unser Heck an eine der Rampen schiebt. Aber gegen 13:30 ist’s dann doch geschafft und wir fühlen wieder festen Boden unter den Füßen.

Wir fahren mit einem Collectivo ins Zentrum, stellen die Rucksäcke im Hotelzimmer ab und ziehen gleich wieder los. Wir müssen dringend Geld machen! Wie sich herausstellt, sind die Banken bereits geschlossen und öffnen glücklicherweise erst am Montag wieder. Die meisten vorhandenen Automaten arbeiten nur national oder lehnen unser Plastik ab. Nun denn, dann werden wir wohl bis Montag etwas sparsamer leben müssen, bis auf das was wir mit Plastik bezahlen können. Das Hotel (US$ 50) wohl leider nicht!! Wir lassen uns davon jedoch nicht abschrecken, die nächste Tour über die Seenplatte per Bus und Boot zu buchen. Inklusive Hotel in Bariloche (Argentinien) und Rückfahrt nach Osorno können wir im Reisebüro alles direkt mit Plastik bezahlen.

Inzwischen dürfen wir die Vorzüge der hiesigen Wetterverhältnisse kennenlernen. Obwohl es recht warm temperiert ist, nieselt es immer mal wieder. Am späteren Nachmittag gelingt es uns doch noch einen Automaten aufzutreiben, der sich mit unserem Plastik anfreunden kann. Wir nutzen die Gelegenheit und decken uns ordentlich mit Pesos ein. Nun läßt es sich doch gleich viel entspannter durch Angelmo bummeln. Wir bringen auch direkt wieder einige Pesos unters Volk für Comida – Lachs, Kingscrab, Wein – und Souvenirs. Der anschließende Verdauungsspaziergang führt uns bergauf in die etwas bessere Wohngegend. Neue Autos und schmucke Häuschen inklusive Golfrasen zeugen von geordneten Verhältnissen. Viele Häuser sind mit Holzschindeln an den Außenwänden verkleidet wie im Allgäu nur bunter.

Den Abend beschließen wir im Hotelzimmer bei einer Flaschen Wein. Wir müßten eigentlich dringend Wäsche waschen. Auf’m Schiff war zwar Platz aber soviel Wind, daß es die Wäsche weggepustet hätte (einer hat’s probiert!). Hier ist es jetzt zu spät und zu feuchtkalt, um die Wäsche bis zum nächsten Morgen trocken zu kriegen. Wir entdecken zwar eine Wäscherei um die Ecke, aber für einen adhoc Auftrag von Freitag abend bis Samstag früh ist es wohl zu spät. Also muß der Wäschevorrat bis Osorno reichen.

Samstag 14.1.95 – unterwegs über die Seenplatte

Um 7:00 ist die Nacht vorbei, denn wir müssen uns um 8:15 vor dem Reisebüro fertig zur Abfahrt einfinden. Wir fahren pünktlich um 8:30 ab. Ab Puerto Varas führt die Straße am Südufer des Lago Llanquihue entlang. Links den Volcan Osorno und rechts den Volcan Calbuco im Blickfeld. Die Wolken verziehen sich immer mehr. Übrig bleibt ein blauer Himmel verziert mit ein paar Photographierwölkchen.

An den Saltos del Petrohue zu Füßen des Volcan Osorno legen wir eine kurze Sightseeing-Pause ein. Doch wir werden von unserem Guide bald wieder eingesammelt, denn in Petrohue wartet der Katamaran auf uns, um uns über den Lago Todos Los Santos (Allerheiligen-See, da er am 1. November von Christen entdeckt wurde) oder auch Lago Emerald (als Zweitname aufgrund seiner tieftürkisen Farbe) genannt. Der Volcan Osorno begleitet uns auf einem großen Teil der Bootsfahrt, so daß wir mit Muße seine Bilderbuchoptik genießen können.

Am Ende des Sees in Peulla wird die Mittagspause eingeläutet. Diese Massenabfertigung ist die Zulassung zum Gelddrucken in Reinkultur schlimmer als auf Skihütten. Das Essen ist aber dennoch recht ordentlich.

Um 14:45 setzen wir die Tour fort. Eine einspurige ziemlich rustikale Strecke führt nun den Berg hinauf über alle Grenzen und den Paso Pérez Rosales hinweg. Danach geht’s nur noch bergab bis Puerto Frias. Hier wird stichprobenartig das Gepäck kontrolliert und alle Pässe gestempelt. Nun befinden wir uns offiziell in Argentinien. Eine kleine Fähre bringt uns in kurzen 15 Minuten über den Lago Frias. Wieder steigen wir in einen Bus ein für nur 10 Minuten nach Puerto Blest am Lago Nahuel Huapi. Wir haben jetzt einen recht langen Aufenthalt von gut 2 Stunden, länger als alle vermutet haben. Selbst unser Gepäck erreicht den Katamaran noch kurz bevor wir ablegen.

In der Abendsonne schippern wir die letzte Bootsetappe 45 Minuten lang über den See bis Puerto Panuelo (oder Llao Llao). Dort steigen wir ein letztes Mal in den Bus, der uns endgültig nach Bariloche bis zu unserem Quartier bringt.

Gegen 22:00 erreichen wir glücklich das Hotel. Aber ein Steak muß es für Jan denn wohl doch noch sein, wenn wir schon Zwischenstation in Argentinien machen. So kommen wir fast zu einem Midnight-Dinner, aber auch die Argentinier scheinen erst spät zu Abend zu essen. Ansonsten können wir feststellen, daß das Preisgefüge sehr amerikanisch ausgestaltet ist.

Sonntag 15.1.95 – zurück nach Chile

Schon wieder früh ‘raus. Wir fahren auf direktem Weg wieder zurück nach Chile. Unser Ziel liegt nördlich von Puerto Montt – die Kleinstadt Osorno. Die Busfahrt am See entlang und über die Anden ist wunderschön. Die jeweiligen Grenzkontrollen nötigen uns schon etwas Geduld ab. Bei der Warterei vor dem argentinischen Grenzposten meinte der Busbegleiter “man weiß nie, wie lange man warten muß, es kann zwischen 5 Minuten bis zu 2 Stunden dauern”. Die 2 Stunden Marke mußten wir nicht ganz ausschöpfen. Nach der Grenzkontrolle geht es erst über den Pass und damit über die politische Grenze. Ein ganzes Stück weiter unten erwarten uns die chilenischen Grenzer. Nach der obligatorischen Fruchtprüfung (unser Daypack wies sogar noch eine Nektarine auf) dürfen wir, natürlich mit den unumgänglichen Stempeln versehen, unsere Fahrt fortsetzen.

In der Ebene ist dann weitestgehend landwirtschaftliche Nutzung zu vermerken. Am frühen Nachmittag erreichen wir Osorno. Die erste vernünftige Verpflegung des Tages ist selfmade – Dinamico a la Jan. Auf unserem Rundgang durch die Stadt finden wir Hinweise auf das ein Mal jährlich stattfindende Folklore-Festival. Im Parque Centenario ist eine riesige Bühne aufgebaut, darumherum befinden sich viele kleine Verkaufsbuden und Freßstände und natürlich die halbe Bevölkerung von Osorno. Auf der Bühne werden hauptsächlich Musikdarbietungen aufgeführt. So kommen wir endlich in den Genuß der Panflöte. Wir streichen eine Weile über das Gelände und beobachten das bunte Treiben. Endlich sind auch ein paar indianische Gesichter zu entdecken.

Am Abend ziehen wir uns mit einer Flasche gutem Roten auf unser Zimmer zurück. Heute konnten wir sogar einen Waschservice bemühen – nachmittags schmutzige Wäsche abgeben und abends saubere Wäsche gebügelt zurück.

Montag 16.1.95 – Osorno

Wir verschlafen fast das Frühstück. 5 vor 10:00 kugeln wir im Eiltempo aus dem Bett.

Wir bummeln den ganzen lieben langen Tag durch die Straßen Osorno’s. Auf der anderen Flußseite finden wir einen hübschen Bauernmarkt. Der erste dieser Güte. Der nahe gelegene Aussichtspunkt bietet uns den Überblick über die Stadt. Die umliegenden Vulkane verstecken die Wolken. Erst am Nachmittag schafft es die Sonne, einen makellosen blauen Himmel zu zaubern.

Zum Mittagessen verhalten wir uns ganz einheimisch – Completo und Ave Palta (Hot Dog mit Sauerkraut, Gewürzgurken, Mayonnaise und Huhnsandwich mit Avocado). Mit Aji verfeinert (chilenischer Chili) schmeckt dieser Fast Food sogar recht gut.

Nahe unserem Residencial befindet sich der Friedhof. Auf den Grabsteinen und den riesigen Familiengruften können wir die lange deutsche Vergangenheit nachvollziehen – ab ca. 1830. Viele Firmenschilder in der Stadt zeugen ebenso von deutschem Einfluß, so auch unser Residencial “Schulz”.

Das Abendessen fällt in Peter’s Kneipe gar üppiglich und sehr deutsch aus. Jan nimmt einen vorzüglichen Sauerbraten mit Rotkohl und Spätzle zu sich. Die zweite Flasche Wein nehmen wir bei Canaster und einer Handvoll Katze im Residencial.

Dienstag, 17.1.95 – unterwegs

Wir verschlafen schon wieder fast das Frühstück. Kurz vor 10:00 springen wir aus den Federn und schaffen es pünktlich um 10:00 zum desayuno. Unser Bus fährt erst um 13:45, von daher können wir gemütlich unsere Rucksäcke packen. Wir vertreiben uns anschließend die Zeit mit Kartenspielen am Busterminal. Mit etwas Verspätung starten wir durch die hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Gegend. Das Allgäu wäre durchaus vergleichbar.

Gegen 17:00 erreichen wir Pucon. Der Vulkan Villarica hat uns schon einen Teil der Fahrstrecke in seiner Makellosigkeit begleitet. Pucon liegt am Fuße des Vulkans und am See gleichen Namens. Es gelingt uns für den 19.1 eine Tour zur Besteigung des Vulkans zu buchen. Außerdem sind für morgen heiße Quellen, Wasserfälle und Natur angesagt.

Das Abendbrot nehmen wir auf einer Sonnenterrasse. Jan streckt sogar bei seiner Pizza vorzeitig die Flügel. Die Pizza ist auch mit mindestens 4 mal Käse überbacken. Zum Abschluß genießen wir die Abendsonne am Ufer bzw. Strand des Lago Villarica.

Mittwoch, 18.1.95 – um Pucon

Mit Ausschlafen und ausgiebig frühstücken kann eigentlich jeder Tag beginnen. Erst um 11:00 startet unsere Tour. Als erstes dürfen wir in den Thermas Quimey-Co baden. Anschließend nehmen wir das Mittagessen ein. Wir haben Cazuela (Eintopf mit Huhn) gewählt und sind damit gut und reichlich bedient.

Der Playa Negra ist als nächster Tourpunkt dran. Jan darf schon wieder baden! Wir vertreiben uns die Verweilzeit auf einem Tretboot. Am Strand laufen jede Menge Strandverkäufer, die allerlei zu Knabbern verkaufen. 1 1/2 Stunden später nähern wir uns dem nächsten Highlight – einem kleinem Salto. Daneben ist eine Bootsfahrt durch Baumtunnels und Rapids möglich. Das kostet zwar extra – ist aber sehr hübsch. Unser Gondoliero hat auf jeden Fall eine Menge Arbeit und weiß am Abend sicher, was er geschafft hat.

Als krönender Abschluß werden uns die Ojos de Caburgua präsentiert. Diese schönen Wasserfälle aus allen Richtungen sind leider alle ganz in Schatten gehalten. Kaum wieder in Pucon angekommen, müssen wir auch schon zum Schuhtest für unsere Villarica-Besteigung. Zur Vorbereitung gönnen wir uns leckere Forelle. Mit dieser Stärkung können wir der morgigen Bergtour getrost entgegensehen.

Donnerstag, 19.1.95 – Volcan Villarica

Um 5:45 ist die Nacht durch. Den Nachtportier müssen wir zwar erst zum Frühstück für 6:15 überreden, aber schließlich sputet er sich doch. Dann geht’s zur Travel Agency. Wir nehmen die Standardausrüstung für die Kontrolle am NP-Eingang in Empfang. Man muß mit Plastikboots, warmer Jacke, Hose, Mütze, Handschuhen, Sonnenbrille, Eispickel, Gamaschen und Steigeisen ausgerüstet sein. Entgegen aller Erwartungen dürfen wir mit hochoffizieller Genehmigung des Rangers sogar in unseren eigenen Klamotten auf den Berg.

Gegen 8:30 beginnt der Aufstieg. Im Stop and Go marschieren wir bergauf erst durch Fels aber den größeren Teil durch Eis und Schnee. Eine Amerikanerin hält den ganzen Betrieb auf und das in der schnellen Gruppe. Sogar Jan geht’s zu langsam vorwärts. Um 14:30 haben wir den Gipfel erreicht. Oben stinkt es uns gewaltig – penetrant nach Schwefel. Also nichts mit frischer Luft und Einsamkeit am Berg. Dafür dürfen wir erstmalig in diesem Jahr sogar Magma sehen. Darüber hinaus belohnt uns ein herrliches 360°-Panorama für den Aufstieg.

Bergab geht’s wesentlich schneller Die Skisaison ist eröffnet. Big-Foot-mäßig können wir durch den Schnee schlittern. Es ist in jedem Fall total lustig und spaßig. Gegen Ende geben selbst die besten Lederstiefel auf und nässen nach innen. Die letzte Strecke führt durch Geröll, das soll wohl den Trockner ersetzen. Bis unten erreichen die Schuhe jedenfalls wieder einen leidlich trockenen Zustand.

Um 18:30 sind wir wieder im Tal und begeben uns um 21:00 zum Essen. Müde und gut gesättigt fallen wir ins Bett.

Freitag 20.1.95 – Temuco

Ausgeschlafen und ausgiebig gefrühstückt haben wir die gestrige Tour gut weggesteckt und gehen wieder auf die Piste. Die Rückbestätigung unserer Heimflüge klappt heute auf Anhieb. Papas telefonische Glückwünsche benötigen einen 2. Anlauf in Temuco. Nach Temuco gelangen wir mit einem Intercity-Expressbus. Doch einige Baustellen mit una pista lassen den Expreß nicht ganz so zügig durchrauschen. Kurz nach Villarica müssen wir uns endgültig vom Volcan Villarica verabschieden. Gegen 14:00 beginnen wir die Hotelsuche in Temuco. Das scheint hier gar nicht so einfach zu sein. Außer uns haben wohl noch ein paar Urlauber Zimmerbedarf. Aber es gelingt dann doch noch eine überteuerte Dachkammer mit baño privado aber sin cama matrimonial zu ergattern.

Der Stadtrundgang kann beginnen. Wir haben uns noch ein paar Souvenirs vorgenommen. Das National Monument Cerro Nielol befindet sich im Stadtgebiet und Zentrumsnähe, so eignet es sich für einen Rundgang im Grünen mit einem hübschen Ausblick auf Temuco. Anschließend widmen wir uns dem Mercado Municipal. Hier sehen wir endlich auch mal mehr Indianer im Stadtbild (Mapuche). Wir werden souvenirtechnisch fündig und können auch etwas gegen unseren Hunger tun. Jan’s Cebiche ist ausgezeichnet, mein Lachs ebenso lecker.

Wir gehen dann noch kurz über die Plaza de Armas, auf der es wohl zu jeder Tageszeit vor Menschen wimmelt, wie dies in fast allen chilenischen Städten der Fall ist.

Samstag, 21.1.95 – Rückreise 1. Etappe

Den Vormittag verbringen wir auf dem Indianer- bzw. Bauernmarkt. Obst, Gemüse, Blumen und Kräuter bilden die bunte Kulisse für das Menschengewimmel. Wir vertreiben uns hier die Zeit, bis es heißt, Abschied zu nehmen.

Die Rucksäcke warten bereits reisefertig gepackt in unserem Hotel. Am frühen Nachmittag legen wir die 1. Flugetappe nach Santiago hinter uns. Wir erwischen dieses Mal die richtige Fliegerseite und können nochmals Andenpanorama genießen.

In Santiago haben wir 4 Stunden Aufenthalt bis um 22:30 unser Flieger gen Heimat, d.h. zunächst bis Miami, abfliegt. Wir machen derweil den Flughafen unsicher. Nach Santiago zieht es uns für die kurze Zeit nicht so sehr.

Wir können unser Gepäck durchchecken, so daß wir es in Miami nicht in Empfang nehmen müssen für den Zoll.

Pünktlich mitten in der Nacht heben wir ab. Das Nachtprogramm kann beginnen.

Sonntag, 22.1.95 – Miami, Rückreise 2. Etappe

Am frühen Morgen 7:00 haben wir den festen Boden von Miami Airport unter den Füßen. Wir haben nun 12 Stunden Aufenthalt und hatten eigentlich die Absicht mit einem Mietwagen Miami zu entdecken. Aber sowohl Jan als auch ich haben unsere Führerscheine im Rucksack gelassen (den Haustürschlüssel nebenbei bemerkt auch !). Miami bietet mit seinem Flughafenbusshuttle eine echte Alternative zum Mietwagen.

Wir lassen uns zum Shopping Center Bayside bringen. Jedoch tote Hose, keine Frühsücksmöglichkeit weit und breit. Der Sicherheitsdienst komplimentiert uns wieder hinaus ” es sei noch nicht für die Öffentlichkeit geöffnet”. Wir entschließen uns mit dem Taxi nach Miami South Beach zu fahren. Wir werden direkt vor einem Café abgesetzt, so kommen wir wenigstens zu unserem wohlverdienten Frühstück. Danach schlendern wir in der Morgenstimmung zwischen Joggern, Hunden und Müllabfuhr am Strand entlang. Eine große Bühne für das bevorstehende Pavarotti-Strandkonzert ist aufgebaut und die ersten Zaungäste haben sich bereits Plätze gesichert.

Mittlerweile ist der Tag weit genug fortgeschritten, so daß wir es nochmals in Bayside versuchen können. Mit einem Linienbus begeben wir uns nach Bayside. Nun haben alle Läden geöffnet und wir können uns dem Konsumterror hingeben.

Für die Rückfahrt zum Flughafen ist wiederum ein Shuttlebus bestellt. Dies klappt alles problemlos. Wir steigen nun in einen LH-Flieger mit Flugziel Frankfurt (trotz United-Ticket, Kooperationsabkommen !)

Montag 23.1.95 – Rückreise 3. Etappe

Frühmorgens landen wir in Frankfurt. Unser Gepäck leider nicht und damit auch nicht der Haustürschlüssel. Mit dem Umweg über Ebi und Kronberg kommen wir Stunden später zu Hause an. Unser persönlicher Schlüsseldienst verhilft uns zu einem neuen Schloß und Einlaß in unsere Wohnung (der Ersatzschlüssel bei Nachbars hilft auch nicht, da im Urlaub).

Alles in allem haben wir ca. 5.000 km in Chile bereist und hierbei ein Land großer Gegensätze kennengelernt. Die trockenste Stelle, der höchste See und das höchste Geysirfeld der Welt im Norden, Pinguine, Gletscher auf Meereshöhe und Fjordlandschaft im Süden haben uns ein sehr breites Spektrum offenbart.

Die typischen südamerikanischen Akzente sucht man in Chile vergebens, da es hier so gut wie keine Indianer mehr gibt. Die Spanier haben an dieser Stelle vollständige Arbeit geleistet. Aber die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Was bleibt, ist viel Natur pur.

Chile ein Land das wirklich eine Reise wert ist.