Venezuela 2005

Die Berichte über die Kriminalität in Venezuela waren nicht wirklich beruhigend. Aber bei genauerem Hinsehen betrifft das fast nur Caracs. In den östlichen Provinzen ist die Militär Präsenz zwar doch schon deutlich sichtbar, aber das stört kaum.

An das Fliegen mit den kleinen Chestnas  muss man sich auch gewöhnen. Wir kommen aber gut überall hin. Der Salto Angel ist sensationell. Die Kanu Tour auf dem Rio Caura ein weiterer Highlight.

03.12.2005 – 31.12.2005

Disclaimer

Dieser Text und alle enthaltenen Bilder sind urheberrechtlich geschützt. ©Mossels Gabi Moraw, Jan Wessels. Der Text darf weder im Ganzen noch in Teilen ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Autoren kopiert, gespeichert oder anderweitig verwendet werden.

Inhalt

Um die eingebetteten Grafiken in voller Auflösung zu sehen, bitte anklicken.

Reiseroute und Fotoalbum

Reiseroute

Reiseroute

Fotoalbum

Fotoalbum

Samstag 03.12.2005 – Anreise Frankfurt – Caracas

Unsere Etix funktionieren problemlos, so dass wir rechtzeitig flugbereit in der Wartezone sitzen. Der Airbus wird proppenvoll. Viele Latinos und einige Europäer füllen die Maschine.

Pünktlich um 9:50 rollen wir gen Startbahn. Der Flug verläuft ereignislos und ruhig, selbst die Kinder verhalten sich gemäßigt. Jeder versucht soweit es geht zu schlafen außerhalb der Essens- und Filmzeiten.

Fast auf die Minute genau (wir hatten wohl etwas “Kopfwind”) landen wir in Caracas. Unsere Rücksäcke haben es auch geschafft. Nur mein kleines Trekking-Handtuch, das Regenrucksackverhüterli und ein Beutel mit Tampons haben einen Freund gefunden. Aus dem Rucksack geklaut!! Immigration und Zoll hingegen interessieren sich nicht wirklich für uns.

Der nächste Geldautomat gehört uns auch wenn er auf die EC-Karte nur Bs 200.000 (= 100 US$) pro Transaktion ausspuckt. Ledigleich der Versuch einen nationalen Flug in die Ciudad Bolivar für den nächsten Tag zu buchen scheitert ob des horrenden Preises. 275 US$ pro Person erscheint uns doch zu viel.

Vor dem Flughafengebäude finden wir eines der empfohlenen schwarzen Geländewagen-Taxis, das uns auf direktem Weg in unser vorgebuchtes Hotel bringt.

Caracas empfängt uns warm und wolkenverhangen. Im Supermarkt nahe dem Hotel beuten wir Getränke, Obst, Käse und Cracker. Die Grundnahrungslage ist damit schon mal gerettet. Das ganze Viertel scheint auf Einkauftour zu sein, denn wir müssen uns richtig durch den Supermarkt schieben. Jan ist nun durstig, aber seinen Wunsch nach einem kühlen zischenden Bier muss er verschieben, denn heute wird kein Alkohol ausgeschenkt oder verkauft, da an diesem Wochenende gewählt wird. Zu später Stunde gelingt es uns jedoch in einem kleinen Laden eine Flasche Rotwein unter der Hand zu erstehen. Die Flasche wechselte ganz im geheimen den Besitzer – kein Kunde oder gar Polizist durfte sich in der Nähe aufhalten – dann wanderte die Flasche ruckzuck in das Daypack … und lecker schmeckte er später obendrein.

Die Plaza Altamira brodelt. Das gesamte Viertel Altamira scheint sich auf der weihnachtlich geschmückten Plaza aufzuhalten.

Wir beschließen den Abend mit Crackern, Käse, Rotwein und einer Partie Canasta auf unserem Zimmer. Wir halten bis 22:30 durch, dann übermannt uns der Schlaf …

Sonntag 04.12.2005 – Caracas

Gegen 8:30 verlassen wir das Hotel in Richtung Busbahnhof. Wir kaufen ein Busticket für morgen früh 7:30 in die Ciudad Bolivar, danach suchen wir uns ein nettes Plätzchen in der nächsten Panadería zum Frühstücken.

Anschließend nehmen wir uns den historischen Teil von Caracas vor. Es steht alles im Zeichen des Befreiers Simon Bolivar. Einige koloniale Gebäude weisen auf die spanische Vergangenheit. Auf dem Weg von der Plaza Bolivar zum Pantheón erhalten wir Polizeischutz. Eine Polizistin mit zwei Praktikanten besteht darauf uns zu begleiten, denn es sei sooooo gefährlich. Uns kommt es zwar nicht so vor, aber sicher ist sicher. Zurück an der Plaza Bolivar dürfen wir wieder alleine unserer Wege gehen. Einige Strassen weiter finden wir eine Cervecería um uns zu stärken.

Weiter geht’s ins Viertel Sabana Grande. Im Botanischen Garten finden wir etwas Ruhe und Beschaulichkeit sowie Schutz vor dem Regenschauer, der dem Spaziergang durch den Garten ein jähes Ende setzt. Nach einiger Zeit lässt die Dusche nach und wir kehren zurück auf die Strassen von Sabana Grande. Der riesige Straßenmarkt befreit sich auch gerade wieder von seinen Regenhüllen, um freien Blick auf die Waren zu gewähren. Ansonsten beherrschen Schuhgeschäfte die Szene, angeblich ist man hier völlig schuhverrückt, was die Anzahl der Schuhgeschäfte eindrücklich unterstreicht.

Gegen 16:30 haben wir erst mal genug und ruhen uns im Hotel etwas aus. Um 20:00 kehren wir im Restaurante Hacienda ein. Für Jan gibt es Fleisch in Überdosis, aber mein Fisch mit Knoblauchkruste ist auch nicht von schlechten Eltern. Obwohl am heutigen Wahltag eigentlich kein Alkohol ausgeschenkt werden darf, zählt Wein wohl nicht dazu. Der Rotwein mundet uns jedenfalls ausgezeichnet.

Montag 05.12.2005 – Caracas ff.

Der Wecker wirft uns um 6:00 aus den Federn, so dass wir uns rechtzeitig im Busbahnhof für den 7:30 Bus einfinden. Jan geht an den Schalter, um die Fahrt zu bestätigen, wird dort jedoch abgewiesen, denn der Bus startet erst um 7:30 pm. Wir knirschen mit den Zähnen, kehren zurück ins Hotel, deponieren unsere Rucksäcke und gönnen uns erst mal ein Frühstück.

So haben wir einen weiteren Tag in Caracas vor uns. Wir nehmen uns den Berg “El Ávila” vor, auf den eine Seilbahn führt. Laut Reiseführer ist sie ab 10:00 in Betrieb. Bis wir endlich den richtigen Camionetta ab Metrostation Bellas Artes gefunden haben, der uns nahe der Seilbahnstation ausspuckt, zeigt die Uhr 10:30. Aber die Gondeln bewegen sich noch nicht. Angeblich soll es um 12:00 losgehen. Die Wolken hängen sowieso noch sehr tief  und es regnet, also schadet es sicher nicht mit der Auffahrt etwas zu warten. Wir sitzen jedenfalls bei einem Capuccino im Trockenen. Die Bahn fährt tatsächlich gegen 12:00 an, aber die Kassenhäuschen nehmen erst kurz vor 13:00 den Kartenverkauf auf. Zwei mit uns wartende Kanadier erzählen, dass sie gestern Abend von “Cops” um 1 Mio. Bs erleichtert wurden, während sie im Mietwagen durch Caracas’ Nacht fuhren, aber wer weiß schon wo.

Dann sitzen wir endlich in der Gondel nur um in den Nebel einzutauchen. Der Gipfel ist zwar wolkenfrei, aber die Aussicht wenig berauschend wegen der direkt unter uns hängenden Wolken. Alle Shops und Fressstände haben geschlossen, also gestaltet sich der Ausflug nicht wirklich lohnend.

Wieder unten fahren wir bis Sabana Grande, essen dort eine Kleinigkeit und warten dann auf die Abfahrt des Busses. Ab 17:00 schauen wir dem Treiben auf dem Busbahnhof zu. Dieser Mikrokosmos gestaltet die Wartezeit recht kurzweilig.

Um 19:15 dürfen wir einsteigen. Die Liegesitze fühlen sich bequem an. Nur die Klimaanlage kühlt im Laufe der Nacht sehr. Für die nächste Nachtfahrt müssen wir definitiv aufrüsten.

Dienstag 06.12.2005 – Ciudad Bolivar

Um 5:00 blendet das Licht auf. Ciudad Bolivar ist erreicht. Alle Taxifahrer stürzen sich auf die Aussteigenden. Nach kurzem Hin und Her geben wir doch einem Taxifahrer eine Chance. Für 5.000 Bs bringt er uns zur Plaza Bolivar bzw. direkt zur Posada Don Carlos.

Wir erhalten sogar Einlass sowie unverzüglich ein Zimmer. Wir strecken uns noch ein paar Stunden aus. Erfrischt finden wir uns um 9:00 zum Frühstück ein. Mit Spiegeleiern, Tostadas und Kaffee kann der Tag beginnen.

Die Tour nach Canaima zum Salto Angel in der Gran Sabana buchen wir direkt in der Posada. Das notwendige Kleingeld müssen wir in der Bank besorgen. Dort warten bereits viele Menschen. Mit Nummer ziehen und geduldig warten gilt für uns das gleiche Programm. Die Auszahlung von 2 Mio. Bs klappt jedoch problemlos auf Plastikkarte. Wir zahlen den gebuchten Trip, danach widmen wir uns ganz der Erkundung der Altstadt. Bunte Häuser, nette Gassen, ruhiges Flair und neugierige Schulkinder begegnen uns. Das sieht alles ganz gemütlich und übersichtlich aus. Die Hektik von Caracas liegt hinter uns.

Am Ufer des Orinoco lässt sich nett flanieren, auf der anderen Straßenseite tobt eher das Leben. Wir lassen uns durch die Gassen treiben.

Den späten Nachmittag verbringen wir Karten spielend im schmucken Patio der Posada. Eine weitere Tour auf dem Rio Caura im direkten Anschluss an Canaima buchen wir obendrein. Wir sind um einige hundert US$ ärmer, dafür sind unsere nächsten Vorhaben gesichert.

Essen gehen gestaltet sich etwas schwieriger. Das ausgewählte Restaurant befindet sich noch im Aufbau, aber in einer Art Spielhalle werden wir dann fündig. Die Tische kleben zwar, das Essen ist jedoch ganz o.k. und sehr preiswert.

Nun bleibt uns nur noch die Vorbereitung für die morgen beginnende Tour nach Canaima. Die wasserdichten Säcke müssen gepackt werden.

Mittwoch 07.12.2005 – Canaima, Salto Angel

Der Wecker klingelt um 6:30, damit wir noch eine Chance auf Kaffee haben, denn gegen 7:15 soll es losgehen. Für den Kaffee haben wir locker alle Zeit der Welt, denn Wertsachen und nicht benötigtes Gepäck wollen auch noch deponiert werden. Gegen 7:40 ist es dann so weit. Die Dame des Hauses bringt uns zum Flughafen und setzt uns in eine kleine Cessna, die wir voll gestopft mit Lebensmitteln vorfinden. Durch ein offenes Fenster fällt direkt ein Teil der Ladung auf das Rollfeld, was ein dienstbarer Geist wieder auf gleichem Wege hineinstopft. Von gut vertauter Ladung kann jedenfalls nicht die Rede sein. Der Flug verläuft dennoch ruhig in moderater Höhe. Nach knapp 1 h Flugzeit landen wir auf der Piste von Canaima, wo uns der Guía in Empfang nimmt.

Das Programm wird sogleich geändert, denn wir starten sofort durch zum Salto Angel. Der Fußweg zum Puerto Ucaime beträgt ca. 10 Minuten. Dort finden wir die Kanus einsteigebereit vor. Das Gepäck wird wasserdicht verstaut und auf jeder Bank haben zwei Personen Platz. Kaum abgelegt werden wir 20 Minuten später wieder ausgeladen, denn die bevorstehenden Rapids darf das Boot nur ohne menschliche Fracht befahren. In der Vergangenheit ist wohl mal ein Boot geflippt, deshalb müssen die Touris jetzt die Rapids auf dem Landweg umlaufen. Für den Fußmarsch benötigen wir ca. 40 Minuten. Nach einem kurzen erfrischenden Bad steigen wir wieder ins Kanu und rauschen den Rio Carrao weiter hinauf. Rapids stehen auch weiterhin auf dem Plan, aber nun dürfen auch wir im Kanu bleiben. In den Rapids spritzt es mal mehr und mal weniger, in jedem Fall werden alle Passagiere nass. Die Badehose wäre wohl das einzig richtige Kleidungsstück. Das werden wir uns für die Rückfahrt merken!

Der Mittagssnack wird am Pozo de la Felicidad, einem kleinem Wasserfall, serviert. Es liegen noch 3 h Kanufahrt vor uns. Der Hintern schmerzt schon jetzt und die Schwimmwesten dürfen keinesfalls als Sitzkissen verwendet werden, sondern sind dauerhaft zu tragen. ¡Que pena! Einige Rapids gestalten sich recht anspruchsvoll für die Bootsführer, da der Wasserspiegel nicht immer ausreichend Platz für Motor und Schraube lässt. Der Hosenboden wird weiterhin mächtig beansprucht. Wir sind ja auch nicht zum Spaß hier!

Kurz vor 16:00 spuckt uns das Boot aus, dann heißt es in ordentliche Schuhe schlupfen und dem Fall entgegen marschieren. Der Weg durch den Urwald ist nicht wirklich zu verfehlen. Zu viele Menschen laufen täglich mit gleichem Ziel hier entlang. Nach 45-minütigem Marsch zeigt sich der Salto Angel in ganzer Höhe und voller Schönheit. Das Wasser fällt immerhin 970 m im freien Fall in einem Stück. Whouh! Wir sind mächtig beeindruckt. Zum Pool müssen wir natürlich auch noch hinunter, deshalb kehren wir gerade so mit den allerletzten Lichtstrahlen zum Ufer des Rio Churun zurück.

Auf der gegenüber liegenden Seite befindet sich unser Camp für die Nacht. Das Kanu übernimmt den Fährdienst. Das Camp besteht aus einer offenen überdachten Konstruktion mit Sanitärtrakt und Küche. Der Sanitärtrakt verfügt zwar über Kloschüssel und Dusche getrennt für Jungs und Mädchen aber nicht über fließendes Wasser. Eine große Wassertonne vor der Tür mit Eimer liefert das notwendige Spülwasser für die Toiletten. Baden im Fluss ersetzt die Dusche. Unter dem überdachten Bereich befindet sich ein Tisch mit Bänken und freie Fläche, in der die Hängematten aufgehängt werden.

Das Abendessen brutzelt bereits über dem Feuer, so dass bald angerichtet werden kann. Uns bleibt kaum genügend Zeit für rituelle Waschungen im Fluss und dem Aufhängen der Hängematten. Das Huhn mundet vorzüglich und die Cola ist mit Rum aufgepeppt ebenfalls gut trinkbar. Unseren Sundowner haben wir damit schon etabliert, nämlich “Cuba Libre”.

Die Hängematten warten geduldig auf die Schlafgäste. Bald setzt Regen ein. Das Plätschern begleitet uns in den Schlaf. Wider Erwarten verbringen wir eine gute Nacht in ungewohnter Lage in der Hängematte. Alles eine Frage der Technik. Die diagonale Liegepositionen macht es möglich.

Donnerstag 08.12.2005 – Canaima NP

Mit Sonnenaufgang endet die Nacht ziemlich unvermittelt. Der Himmel besteht aus einer großen blauen Wolke und bald strahlt die Sonne den Salto Angel in voller Schönheit mit ihrem Spot an. Tolle Stimmung und Szenerie.

Das Frühstück wird kurz nach 7:00 gereicht mit Gemüserührei und gebackenem Maisfladen. Hungrig muss hier niemand aufstehen. Ab 8:30 geht es mit Karacho gen Canaima zurück. Die ersten Rapids sorgen für die Morgendusche. Wir haben jedoch gelernt und sitzen in der Badehose im Boot. Die Rückfahrt stromabwärts dauert natürlich wesentlich kürzer, so dass wir uns schon um 12:00 wieder in Canaima einfinden. Wir werden im Camp auf die Zimmer verteilt. Das Mittagessen wird unverzüglich serviert. Die Fortsetzung des Tourprogramms ist für 14:00 angekündigt.

Leicht bekleidet finden wir uns pünktlich ein bereit für die umliegenden Wasserfälle. Über die Lagune werden wir im Kanu an den Fällen vorbeigeschippert. Die Wasserfälle tauchen mit mächtigem Getöse und riesigen Wassermassen mit einer riesigen Waschmaschine in die Lagune hinein. Am anderen Ende werden wir an Land gesetzt. Jetzt geht es zu Fuß weiter.

Der Salto Sapo wartet. Kurz vor dem Salto sitzt sogar wirklich ein Baumfrosch am Baumstamm in völliger Reglosigkeit. Er und seine wahrscheinlich zahlreichen Kollegen gaben dem Salto wohl seinen Namen. Hier erwartet uns eine Ganzkörperdusche, denn der Weg führt hinter dem Wasserfall vorbei. Die Kamera bekommt doppelten Plastiktütenschutz und nur in Badehose bekleidet begeben wir uns auf den rutschigen Weg. Pitschnass erreichen wir die andere Seite und Aussichts”terrasse”. Dieses Erlebnis begeistert alle, denn von außen kann man nicht durch den Wasserfall gucken, wenn man sich dahinter befindet jedoch alles außerhalb sehen.

Ein Stückchen weiter befindet sich der Salto “Sapito”, der nicht kleiner ausfällt als der ausgewachsene Sapo. An einem Baumstamm entdecken wir einen weiteren Baumfrosch. Hier gibt es sicher mehr von der Sorte, woher sonst erhielten die Fälle ihre Namen?! Über die Abrisskante des Sapito wandern wir zurück zur Lagune, wo das Boot auf uns wartet. Auf dem Rückweg zum Camp findet sich eine heruntergefallene Papaya, die Gabi direkt als Vorspeise dient! Das Abendessen wird pünktlich um 19:00 serviert.

Danach strömt alles zum Fußballspiel “Canaima gegen Kamarata” – ein echtes Lokalderby. Canaima gewinnt 14 : 4. Die Tribüne sitzt voller Menschen, ein Kommentator begleitet das ganze Spiel live. Das komplette Dorf muss auf den Beinen sein inklusive sämtlicher Kinder und Babies. Es herrscht Volksfeststimmung, obwohl eigentlich erst nach dem Spiel die Fiesta losgehen soll. Uns holt jedoch bald der Matratzenhorchdienst in die Horizontale.

Freitag 09.12.2005 – Canaima ~ Ciudad Bolivar

Das Frühstück wird um 7:30 mas o menos serviert..

Der Vormittag steht zur freien Verfügung, das gibt uns die Gelegenheit uns die Zeit relaxend am Strand zu vertreiben. Ein Hund leistet uns Gesellschaft solange bis wir unseren Liegeplatz verlassen. Im Schatten lässt es sich ganz gut aushalten, aber ein fauler Vormittag im Angesicht der Saltos reicht dann auch. Wir beschließen den Vormittag im hoch gelegenen Pavillonrestaurant Lagune, Saltos und Tepuys fest im Überblick. Tolle Aussicht und Preise für Große.

Das Mittagessen im Camp setzt den Schlusspunkt unseres Aufenthalts in Canaima. Gegen 14:00 wackeln wir gen Aeropuerto und welch Wunder, wir können sofort einsteigen. Einen derartigen direkten Anschluss hat unser Guide noch nie erlebt. Ein Regenbogen nimmt uns in der Luft in Empfang. Ein letzter Blick auf die Fälle und 1 h später landen wir wohlbehalten in Ciudad Bolivar.

Wir kehren mit einem Taxi zu unserer Posada zurück, beziehen unser Zimmer und fordern unsere persönlichen Papiere sowie deponiertes Gepäck zurück. Wir müssen uns nun unverzüglich zu einer Bank begeben, um unsere Barschaft aufzufüllen und den Restbetrag für die nächste Tour aufzutreiben. Das muss freitags nach 16:00 kein einfaches Unterfangen sein. Lange Schlangen stehen vor den Geldautomaten und in den Schalterhallen. In der Banco Mercantil, die sich etwas entfernter befindet, gelingt es uns, unseren Bargeldbestand aufzufrischen.

Unsere Posada ist ausgebucht und die Stadt füllt sich mit Touris. Das Abendessen nehmen wir in unserer Posada. Das beschert uns als Tischnachbarn die Teilnehmer der nächsten Tour sowie unseren Guide.

Die Wäsche läuft in der Waschmaschine. Hier gibt es sogar einen recht neuen Trockner. Das kürzt das Housekeeping deutlich ab.

Samstag 10.12.2005 – Rio Caura

Die Tour startet mit einem ausgiebigen Frühstück in der Posada um 7:00. Die Autos stehen gepackt vor der Tür. Gegen 8:00 wird die Gruppe bestehend aus einem jungen Uruguayer “Horacio genannt Pilu”, einem älteren Amerikaner “Tim” und einem deutsch-französischen Paar “Irene und Georges” in den VW-Bus verfrachtet. Mit Pilu führe ich ein Weilchen eine nette Unterhaltung, auf diese Weise kann er sein englisch und ich mein spanisch praktizieren.

Bald döst der halbe Bus. Wir passieren einige Hatos, auf denen Viehwirtschaft betrieben wird. Landwirtschaftliche Nutzung dagegen können wir nicht entdecken.

Für ein frühes Mittagessen halten wir im letzten Dorf bevor wir die asphaltierte Strasse verlassen. Am Ende der Piste in Las Trincheras sollte das Kanu auf uns warten, aber wir kommen sehr früh an und der Bootsführer tankt noch auf. Wir baden zwischenzeitlich und fassen uns in Geduld.

Bald trifft das Boot ein. Wir bilden eine Kette, um das 12 m-Einbaum zu beladen. Kaum legen wir ab, duscht uns ein gewaltiger Regenguss. Wir warten ihn in der Badehose ab. Einige Cochinos (Wildschweine) kreuzen unsere Wasserstrasse. Unser Bootsführer namens Edgar macht sich den Spaß direkt auf sie zuzuhalten und auseinander zu treiben. Edgar erzählt, dass von 1.000 Flussfahrten es lediglich ein Mal gelingt diese Schweine durch den Fluss schwimmen zu sehen. Es handelt sich also um ein äußerst seltenes Ereignis. Bald lässt Edgar wieder von ihnen ab, damit wir unsere Flussfahrt fortsetzen können.

Der Fluss sieht zunächst ziemlich tauglich für größere Kreuzfahrtschiffe aus, aber wir erkennen bald, dass man den Fluss sehr gut kennen muss, um die je nach Wasserstand richtige Fahrrinne zu finden. Im Flussbett bilden viele Boulder die Basis für große und kleine Rapidos.

Bei dem kleinen Indianerdorf Eya Kwana legen wir an, um es zu besichtigen. Der Shop wird sofort fliegend eingerichtet. Das Dorf besteht aus Häusern mit Wellblechdächern, die der Staat erstellt hat und daneben aus traditionellen Hütten, die die Einheimischen gebaut haben. Der Shop bietet Kunsthandwerk aus natürlichen Materialen, wie Samen, Kerne, Holz, Knochen o.ä. Wir kaufen natürlich eine Kleinigkeit schon um die Indianer zu unterstützen.

Wir schippern weiter über den Rio Caura bis zu unserem Campamiento “Tucan”, wo wir die Nacht verbringen. Das Camp besteht aus 2 palmgedeckten an den Seiten offenen Hütten, wovon eine Hütte für die Hängematten vorgesehen ist und die andere als Küche und Essplatz dient. Sehr ansprechend, vor allem ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen oder zu hören. Die Plumpsklos befinden sich hinter einem Verschlag 10 m entfernt. Die Hängematten sind schnell aufgeknüpft, auch der Koch “Lenni” nimmt bald seine Arbeit in der Küche auf. Wir waschen uns derweil im Fluss ganz regionaltypisch. Danach schmeckt der Cuba Libre als Aperó umso besser. Unser Koch enttäuscht uns nicht, das Abendessen mundet ausgezeichnet. Ein kleiner Skorpion besucht uns auf dem Tisch, die Fledermäuse dagegen sausen um unsere Köpfe. Da der Rio Caura ein Schwarzwasser ist, gibt es erfreulich wenig Mücken, so dass ich es wage ohne Moskitonetz über der Hängematte zu schlafen.

Sonntag 11.12.2005 – Rio Caura ff.

Mit dem Morgengrauen wachen die ersten auf. Die Hängematte hat sich bewährt, aber jede Aktion der Mitschläfer wie Aufstehen oder Umdrehen lässt das ganze Holzgestell erzittern.

Das Frühstück steht ab 7:00 gerichtet auf dem Tisch. Rührei mit Tomate und Zwiebeln komplettieren das reichhaltige Angebot. Wir starten kurz vor 8:00, damit liegen wir eine ½ h vor der geplanten Zeit.

Der Fluss liegt ruhig vor uns, einige Rapidos wollen dennoch bewältigt werden. Auf nahezu jedem Boulder sitzen Kormorane, Flussmöwen oder Wasserschildkröten. Von einem Stein gucken uns 4 Köpfe neugierig entgegen. Als wir ihnen jedoch zu nah kommen, suchen 4 Flussotter das Weite nicht ohne uns aus dem sicheren Schutz der Mangrovenwurzeln zu beobachten.

Nach einer Weile tut es einen Schlag und der Motor gibt auf. Das Ganze passiert zudem an einer ziemlich ungünstigen Stelle, denn das Ufer sieht recht unwirtlich aus. Es ist in jedem Fall ungeeignet um anzulegen. Wir brauchen eine Anlegestelle, an der wir die gesamte Ladung zwischenlagern können, weil der Ersatzmotor natürlich ganz unten liegt. Wir lassen uns 1 h flussabwärts treiben, bis wir eine geeignete Stelle finden. Mitten in einigen Bouldern laden wir das Kanu aus. Das Gepäck lagert nun auf den Bouldern und der Ersatzmotor wird an seinen Bestimmungsort gewuchtet. Es braucht natürlich seine Zeit bis alles wieder startklar ist. Unser amerikanischer Passagier versucht derweil den Urwald zu erkunden, was ohne Machete nicht wirklich gelingen kann. Außerdem vertreibt uns ein Süßwasserdelfin mit seiner Performance die Wartezeit. Sobald der Motor montiert ist, findet die Ladung schnell wieder ihren Platz an Bord und wir können unsere Wasserreise wieder fortsetzen. Leider hält auch dieser Motor nicht lange durch bis er stirbt. Kurz vor einem Yanonami-Dorf bleiben wir liegen. Zum Paddeln ist die Wegstrecke zu weit, aber glücklicherweise kommt ein Boot mit Indianern des Wasserwegs und schleppt uns ab bis zu dem erwähnten Yanonami-Dorf.

Wir besuchen das Indianer-Dorf “Las Palmeras” oder “Guariqueña” im indianischen Originalton. Inzwischen versucht Edgar den Motor zu reparieren. Im Dorf finden wir nette Häuschen, eine Schule, die Radiostation und viele Kinder. Die Mütter sind häufig ebenfalls noch Kinder nach unseren Begriffen. Die Mädchen bekommen bereits mit 13 Jahren ihre ersten Kinder.

Edgar gelingt es den Motor zu fixen … zumindest kurzfristig. Dann stirbt er endgültig. Wir sind von unserem Mittagsrastplatz nur noch 300 m entfernt, so dass Edgar Teller ausgibt, die als Paddel dienen. In Ufernähe hält sich die Strömung in Grenzen, so dass wir sogar ordentlich vorwärts kommen. Für die letzten 50 m erhalten wir wieder einen Lift. Der “Abschleppdienst” sagt uns zu, im nächsten Dorf Hilfe zu organisieren. Er selbst kann leider nicht, da sein Boot gut gefüllt ist mit Ladung und Menschen.

Wir richten uns auf dem kleinen Strand ein. Unser Koch “Lenni” bereitet das Essen zu, wir gehen schwimmen. Gegen 16:30 rauscht ein kleines Boot heran, dessen Motor umgehend auf unser Kanu montiert wird. Wir nehmen das kleine Boot ins Schlepptau.

Mit den letzten Sonnenstrahlen erreichen wir das Indianerdorf “Boca de Nichare”, wo wir sowieso planmäßig übernachten sollten. Wir schlagen unsere Hängematten im größten und höchsten Haus des Dorfes auf. Hier gibt es sogar Strom, zumindest solange der Generator läuft. In der Radiostation versuchen unser Guide “Patrick” und Edgar einen Ersatzmotor zu organisieren.

In einiger Entfernung wird in einer Wolke ein gewaltiges Feuerwerk zelebriert. Das Gewitter ist so weit weg, dass wir die Blitze zwar bestaunen aber keinen Donner hören können.

Edgar spielt auf der Gitarre auf – ein echtes Multitalent. Mit engagiertem Würfel- und Kartenspiel geht ein ereignisreicher Tag zu Ende.

Montag 12.12.2005 – Rio Caura ff.

Der Tag beginnt lautstark mit einem Eklat mit unserem amerikanischen “Freund”, der das Fass zum Überlaufen bringt. Denn geplant ist, dass wir vor dem Frühstück den Naturwalk durch den Urwald unternehmen und anschließend frühstücken. Lenni sollte in dieser Zeit Pancakes für alle brutzeln. Alles wartet also auf unseren indianischen Führer, nur Tim beginnt selbsttätig mit dem Frühstück, denn ein paar Pancakes sind ja schon fertig. Nun ja, der Plan wird geändert, jetzt wird erst gefrühstückt. Wir verteilen die vorhandenen Pancakes auf die Teilnehmer. Tim grapscht einen vom Nachbarteller, der Edgar gehört und gibt damit den Startschuss zur Eskalation der alten gegen die neue Welt. Das Frühstück verläuft danach friedlich – ohne Tim.

Kurz darauf taucht unser indianischer Führer auf, um uns abzuholen. Der Naturwalk gestaltet sich äußerst interessant und spannend. Wir lernen einiges über Narkotikas, Ersatzzigarettenpapier, Angelhaken und Lianen als Wasserspender. Leider wird mit dem Ableben des Führers wieder ein Stück Wissen verloren gehen, denn diese Kenntnisse werden ausschließlich mündlich weitergegeben und nicht schriftlich dokumentiert. Nachwuchsprobleme gibt es auch hier. Sehr schade! Ein kurzer Regenschauer lässt die Luftfeuchtigkeit ordentlich steigen.

Kaum im Camp zurück springen wir in die Badehose, denn ein neues Boot wartet auf uns. Ja, sie haben tatsächlich ein neues Boot aufgetrieben. Nun kann es weiter flussaufwärts gehen. Zwei Mal kriegen wir ordentlich was auf die Mütze, nur eine kurze biologische Pause an einer kleinen Felsinsel sorgt für eine Unterbrechung, in der wir die Beine strecken können. Auch dem Po tut die kurze Pause gut, obwohl wir die Schwimmwesten als Sitzkissen verwenden. Statt Mittagessen gibt es Melone auf die Hand.

Gegen 15:30 landen wir in “El Playon” dem Endpunkt unserer Flussreise. Dieses große Camp liegt direkt vor einem kleinen Indianerdorf, das die Infrastruktur mit Sanitäranlagen, Shops und Bar bereitstellt. Ein kleines Stückchen weiter flussaufwärts sorgen 2 große Rapidos für den nötigen Lärmpegel. Der Stand lädt zum Baden ein.

Wir richten uns schnell in unseren Rundbauten ein, danach können wir uns ganz dem Relaxen hingeben. Ein zahmes Capybara (das sieht aus wie ein überdimensioniertes Meerschwein mit Schwimmhäuten) läuft im Dorf und Camp herum. Es schnuffelt ganz gutmütig an uns, offensichtlich riechen wir immer noch gut trotz Waschorgie im Fluss.

Zum Abendessen wird Gegrilltes und Salat serviert. Eine Partie Domino, die eindeutig von den Venezolanern beherrscht wird, beschließt den Abend.

Dienstag 13.12.2005 – Rio Caura ff.

Zum Frühstück um 8:00 werden Maistortillas und Rührei serviert. Danach staffiert sich alles wandermäßig aus. Unser indianischer Führer trifft ein, so können wir die Tour durch den Urwald zum Salto Pará starten.

Der Weg führt zunächst steil bergauf, dann verläuft er mehr oder weniger auf der Höhe. Jede Menge Indianer, die in ihren Kiepen große Kanister gefüllt mit Benzin transportieren, laufen denselben Weg barfuss. Erwachsene tragen 50 l Kanister und Kinder 20 l Kanister umgeben von einer stinkenden Benzinwolke. Dieser Weg stellt quasi die Verbindung zwischen dem unteren und oberen Caura dar, die durch den Salto Pará getrennt sind. Nach knapp 2 h erreichen wir unser Ziel.

Der Salto Pará performt perfekt. Gewaltige Wassermassen stürzen aus dem Amphitheater in den unteren Caura. In seinem Angesicht nehmen wir in einer Shelter einen kleinen Snack. Der ambulante “Shop” des benachbarten Dorfes öffnet ebenfalls in der Shelter seinen Verkauf. Ein paar Kleinigkeiten wechseln natürlich den Besitzer, aber als unser Interesse nachlässt, wird alles wieder zusammengepackt.

In dem kleinen Dorf gibt es ein quadratisches 2-stöckiges steinernes Gebäude, das für die hier übliche runde ebenerdige hölzerne Bauweise doch eher seltsam anmutet. Es wurde von einer Energiegesellschaft hinterlassen, die an dieser Stelle ein Wasserkraftprojekt plante, dies aber nie beendete. Aber hier findet alles irgendwie seine Weiterverwendung.

Wir marschieren denselben Weg zurück. Zwischendurch bekommen wir einen ordentlich Guss auf die Mütze, dem wir mit einem Bananenblatt  als Regenschirm perfekt ausgerüstet trotzen.

Vor dem letzten Abstieg zweigen wir auf eine Variante zu Aussichtspunkten ab. Für den Weg braucht man schier eine Machete, offensichtlich wird er nicht so häufig begangen. So kann unser Guía seine Machete definitiv mal sinnvoll einsetzen, um den Weg frei zu machen.

Die beiden Aussichtspunkte von einem riesigen Granitblock lohnen diesen kurzen Umweg allemal. Der Blick über den Rio Caura und den Urwald begeistern uns sehr. Ein paar Orchideen am Wegesrand sorgen für Farbtupfer. Der Weg abwärts führt direkt ins Dorf zurück, wo wir uns den Schweiß direkt im Fluss abwaschen.

Der Abend klingt mit Cuba Libre und Dominospiel aus.

Mittwoch 14.12.2005 – Rio Caura ff.

Alle fallen vor 7:00 aus den Hängematten, doch das Frühstück steht bereits fertig auf dem Tisch. Das Boot trifft um 8:30 etwas später als vereinbart ein, denn das ist die Uhrzeit, zu der wir eigentlich schon auf dem Wasser sein sollten. Das Beladen des Bootes gelingt in Windeseile, denn alle, außer Tim, packen mit an.

Der Flusspegel hat sich weiter erhöht, so dass wir schnell vorankommen. In Nichare wechseln Edgar und Lenni auf ihr zurückgelassenes Boot, das nun mit dem Motor von Edgars Bruder ausstaffiert ist. Die beiden kaputten Motoren liegen als Ladung drin.

Das Mittagessen wird auf einer kleinen felsigen Flussinsel serviert. Entspannt genießen wir die Mittagszeit im Schatten. Beim Yanonami-Dorf legen wir kurz an, denn wir haben ein Päckchen aus El Playon abzugeben. Irgendwie muss ja auch hier die Postzustellung funktionieren. Dann starten wir vollends bis Las Trincheras durch. Dort heißt es dann ausladen, umladen und zurück nach Ciudad Bolivar rasen. Patrick hat ganz offensichtlich Stallgeruch in der Nase, er lässt sich von seinem Bleifuss kaum abbringen. Gegen 18:30 erreichen wir Ciudad Bolivar.

Das gemeinsame Abendessen schließt die Tour behaglich ab, auch weil für Tim getrennt in seinem Zimmer serviert wird. Er hat sich, so scheint es, nicht weiter über “sein” Gruppenerlebnis ausgelassen. Wie auch immer, dies war Pattricks erste Tour als alleinverantwortlicher Guide, die für ihn direkt zur Feuertaufe wurde. Der Abend verläuft mit einem munteren Mischmasch in Deutsch-Englisch-Spanisch-Französisch.

Donnerstag 15.12.2005 – Ciudad Bolivar

Jan leistet sich heute einen Totalausfall, denn Montezuma hat ihn voll im Griff. So verbringt er fast den ganzen Tag schlafend in der Nähe des Klos. Gegen 14:00 motiviere ich ihn mich zum Flughafen zu begleiten, um die Flüge für morgen nach St. Elena de Uairén zu organisieren. Ursächlich hatten wir vor am Abend mit dem Nachtbus zu fahren, aber aufgrund Jans schlechter Disposition entscheiden wir uns für den Flieger am nächsten Morgen, so bleibt ihm eine weitere Nacht um sich zu regenerieren.

Wir werden erst mal fest gebucht auf den Flug ab Puerto Ordaz. Ab Ciudad Bolivar gibt es momentan keine Plätze mehr, wir werden auf die Warteliste gesetzt und müssen um 18:00 noch mal telefonieren, um zu erfragen, ob wir ab Ciudad Bolivar oder Puerto Ordaz fliegen. Puerto Ordaz ist eine Stunde Busfahrt von Ciudad Bolivar entfernt und der Bus passiert direkt den Flughafen, so dass dies eine durchaus machbare Alternative darstellt. Aber wir haben Glück, wir können direkt ab Ciudad Bolivar fliegen. Telefonieren ganz in Spanisch gehört nach wir vor nicht zu meinen Leidenschaften.

Ansonsten steht der Tag ganz im Zeichen von Housekeeping sowie Teebringservice ans Bett.

Freitag 16.12.2005 – St. Elena de Uairén

Die Nacht fällt kurz aus, denn um 5:00 weckt uns lautes Glockengeläut. 15 Minuten später beginnt das nächste Geläut, gefolgt von einem kurzen Feuerwerk. Na ja, was soll’s. Unser Wecker rasselt eh um 6:30, denn gegen 7:00 sollten wir uns am Aeropuerto einfinden.

Das Taxi liefert uns gegen doppelte Gage pünktlich ab. Leider weist unsere Barschaft kein Kleingeld auf, um dem Wucher entsprechendes entgegensetzen zu können.

Wir machen es uns in der Cafeteria gemütlich. Das Angebot liefert Kaffee und Hörnchen zum Frühstück, so lässt sich die Wartezeit gut überbrücken. Um 9:00 dürfen wir dann tatsächlich einsteigen.

In Canaima legen wir einen kurzen Zwischenstopp ein, um zwei neue Fluggäste aufzunehmen. Die Wasserfälle um die Canaima Lagune sehen noch gewaltiger aus als letzte Woche, der Wasserstand scheint weiter gestiegen zu sein.

Nach weiteren 1 ½ h Flugzeit landen wir in St. Elena gegen 12:00. Wir teilen uns ein Taxi mit zwei deutschen Touris. Nach zwei Kontrollen der Guardia Nacional, die die Pässe kontrollieren, dürfen wir Nonstop bis in die Stadt weiterfahren. Der Taxifahrer bringt uns zu den gewünschten Unterkünften. Unser ausgewähltes Hotel hat ein Doppelzimmer für uns frei. Die Zimmer liegen alle rund um einen blumengeschmückten Patio. Nur die Dusche, d.h. genauer der Duschkopf, sieht äußerst abenteuerlich aus.

Den Nachmittag vertreiben wir uns in St. Elena. In dem übersichtlichen Grenzkaff ist alles schnell gefunden und getan. An der Plaza Bolivar laufen uns Irene und Georges über die Füße, deren geplante 3-Tages Gran Sabana Tour offensichtlich nicht klappte, so dass sie in Tagestouren umdisponiert haben. Wir buchen anschließend zufällig beim selben Tourveranstalter dieselben Tagestouren, so dass wir die nächsten 2 Tage wiederum gemeinsam verbringen werden.

Für den Abend wird ein großes Fest vorbereitet, es wird eine gewaltige Bühne mit noch gewaltigeren Boxen für ordentlich Lärm aufgebaut sowie ein Boxring. Die Zeit bis zum Beginn der Fiesta verbringen wir Postkarten schreibenderweise im Hotel. Dies ist der erste Ort, an dem wir überhaupt Postkarten entdeckt haben. Jan nutzt die Zeit zudem für einen Sprung in das erfrischende Wasser des Hotelpools.

So gegen 20:00 suchen wir uns ein Restaurant. Wir werden in einer Pizzeria direkt neben dem Boxring fündig. Die Pizza schmeckt lecker trotz des gigantischen Lärmpegels von der Bühne. Die Strasse füllt sich zusehends mit Menschen, die auf die Boxkämpfer warten. Der Getränkeverkauf floriert jedenfalls tadellos. Bis die ersten Boxkämpfer auftreten schlägt die Uhr bereits 21:30. Auf der Bühne beginnt parallel dazu das Rahmenprogramm. Es treten die Dorfkinder in bunten Kostümen zum Tanz auf, die wir natürlich nicht verpassen dürfen. Wir nehmen ein Weilchen an dem Schauspiel teil, da jedoch die letzte Nacht kurz ausfiel, kehren wir recht bald ins Hotel zurück. Im Hotel angekommen wage ich es die außergewöhnliche Warmwasserbereitung in der Dusche auszuprobieren. Ich komme unbeschadet, nass und sauber davon.

Samstag 17.12.2005 – Gran Sabana, El Paují

Die Tagestour nach El Paují steht auf dem Programm. Das Dorf “El Paují” wurde von  Aussteigern gegründet. Es liegt an einen kleineren Tepuy gekuschelt mit einem wunderschönen Blick über die brasilianische Seite des Regenwald. Aber der Reihe nach …

Im Hotel gelingt es uns gerade mal Kaffee zu ergattern. Ein ordentliches Frühstück wird nicht angeboten, da das Küchenpersonal frei hat. Da müssen es halt unsere Cracker tun. Wir stehen pünktlich zur Abholung bereit, das Auto steht gegen 8:15 vor der Tür. Nun fehlen noch Irene und Georges. Zur Gruppe gehören zusätzlich ein Italiener und ein venezolanisches Pärchen.

Als erstes Highlight stehen die Formalitäten und Tanken auf dem Programm. Das reicht schon für die erste Stunde. Insbesondere das Tanken gerät als Odyssee für sich. Die Warteschlangen ziehen sich Hunderte von Metern lang. Glücklicherweise gibt es für Touriveranstalter eine Extra-Schlange, die wesentlich kürzer ausfällt. 70 l kommen in den Tank. Der Liter Benzin kostet landesweit 70 Bs !! das entspricht etwa 0,035 € !!

Aber dann geht es wirklich los – zumindest bis zur nächsten Kontrollstation der Guardia Nacional. Den Reisepass sollte man immer handy haben. Bald verlassen wir die asphaltierte Strasse und die Freilaufnaben werden ausgeschaltet. Das braucht’s auch wirklich! Die Brücken sehen jedenfalls recht abenteuerlich aus. Den ersten Stopp legen wir am Salto Kathedral ein. In der Kneipe neben dem Parkplatz fordert eine Siamkatze ihre Streicheleinheiten ziemlich eindeutig ein. Der Weg zum Fall nimmt 10 Minuten in Anspruch, dann stehen wir vor einem perfekten Pool. Das Bad ist angerichtet in einem moskitofreien Schwarzwasserpool. Jan schillert nahe der Wasseroberfläche ganz bronzefarben.

In El Paují genehmigen wir uns das Mittagessen. Es wird leckerer Fisch serviert. Danach geht es über eine abenteuerliche Rüttelstrecke zum Startpunkt der Wanderung auf den kleinen Tepuy. Der Aufstieg fällt ganz moderat aus, zumindest solange alles trocken bleibt. Heute jagt zwar ein Schauer den nächsten, aber während der Wanderung verschonen uns die schwarzen Wolken. Der Mirador bietet einen großartigen Ausblick und der zu unseren Füssen liegende Regenwald liefert eine ganz eigene Geräuschkulisse.

Die letzte Station des Tages bildet der Salto Esmeralda. Hierbei handelt es sich um  einen sehr kleinen Wasserfall, der jedoch sehr hübsch mit perfektem kleinen Pool für sich einnimmt. Nun nehme auch ich ein Bad im erfrischenden Nass.

In St. Elena fahren wir bei vollständiger Dunkelheit ein. Wir verabreden uns mit Irene und Georges zum gemeinsamen Abendessen. Wir haben uns vorgenommen leckeren Fisch zu essen und landen zu diesem Zweck im ersten Haus am Platz. Für venezolanische Verhältnis fallen die Preise eher heftig, für europäische Verhältnisse aber immer noch moderat aus.

Sonntag 18.12.2005 – Gran Sabana

Das für heute morgen versprochene Frühstück entfällt, denn das Küchenpersonal fehlt immer noch. Aber immerhin gibt es Kaffee und ich schwärme aus in die nächste Panadería, um Brot mit Käse zu erstehen.

Miguel, er war bereits unser gestriger Tourguide, holt uns pünktlich mit Sack und Pack ab. Unser Gepäck wird im Office deponiert, dann geht es schon los. Der Tank wurde bereits gestern Abend gefüllt, so dass das Tankevent entfällt. Am Busbahnhof stoppen wir kurz, damit wir die Tickets für den heutigen Nachtbus nach Puerto Ordaz kaufen können. Zusammen mit Irene und Georges erhalten wir 4 der letzten 6 Plätze.

Nun starten wir aber endgültig in die Gran Sabana durch. Nur unterbrochen durch ein paar Fotostopps fahren wir durch die weitestgehend baumlose Savanne, in der nur an Wasserläufen Palmen stehen, bis zur Quebrada de Jaspe. Hierbei handelt es sich um einen sehr hübschen Wasserfall über rotes Jaspergestein aber ohne Pool. Der nächste Wasserfall heißt Salto Yuruaní, der sich auch nicht zum Baden eignet. Der Rio Yuruaní ist ein Schwarzwasserfluss, der am gleichnamigen Salto auf 60 m Breite 6 m tief fällt. Das sieht aus wie eine gewaltige Waschmaschine im Schleudergang. Im Balneario Seruapé gibt es hingegen eine wunderhübsche natürliche Poollandschaft mit Massagemöglichkeiten unter kleinen Fällen. Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Anschließend fahren wir wieder ein Stück zurück ins Dorf “San Francisco de Yuruaní”, um Mittag zu essen. Hier muss man wissen, welche Restaurants geöffnet sind, denn die eine Hälfte des Ortes arbeitet samstags und die andere Hälfte sonntags. Zum Huhn dürfen wir scharfe Termitensalsa probieren. Die Termiten knacken ganz lustig beim drauf beißen und geben der Salsa einen eigenen Geschmack. Ich erwerbe beim Gastwirt ein Gläschen mit Termitensalsa (zu Hause stelle ich jedoch fest, dass die Termiten in der Soße fehlen – schade).

Für den Nachmittag stehen der Quebrada Pacheco und der Salto Kamá auf dem Programm.  Neben dem Quebrada Pacheco wachsen fleischfressende Pflanzen. Ansonsten kann man, sofern es einem rutschfrei gelingt, hinter dem Wasserfall durchlaufen. Jan arbeitet sich bis dorthin hartnäckig vor. Miguel versucht sein Glück mit Socken an den Füssen, das scheint eine ganz brauchbare Technik zu sein nicht auszurutschen. Der Salto Kamá hingegen beeindruckt durch seine 60 m Höhe. Für uns ist dies heute der höchste Wasserfall.

Der eine oder andere Tepuy zeigt sich neben der Strasse, nur der Roraima hüllt sich in seine Wolkendecke ein. Erst auf der Rückfahrt lupft er sein Kleid ein wenig.

Wir kehren frühzeitig nach St. Elena zurück, holen unser Gepäck im Office ab und netterweise bringt uns Miguel zum Busbahnhof. Die einzige andere Alternative wäre eine Taxifahrt, denn der Busbahnhof liegt sinnvoller Weise 4 km vor den Toren der Stadt und einen öffentlichen Nahverkehr gibt es nicht. Wir rückbestätigen unsere Tickets am Schalter der Busgesellschaft, dann müssen wir zur Gepäckkontrolle, die jedoch nicht sehr intensiv ausfällt. Wir rüsten uns reisefertig aus, d.h. wir rüsten kleidungsmäßig auf, da erfahrungsgemäß die Temperatur in den Bussen immer sehr kalt eingestellt ist. Unser Nachtbus nach Puerto Ordaz fährt pünktlich um 19:00 ab. Kaum losgefahren wird der gesamte Innenraum abgedunkelt. Schlafenszeit! Nun ja, unseren Schlummertrunk können wir auch im Dunkeln nehmen, dann betten wir uns zur Ruhe. Die Sitze sind super bequem, so dass wir uns lang ausstrecken können. Das lässt eigentlich eine ganz schlafbare Nacht erwarten, wenn da nicht die Kontrollen wären. Wir werden nicht weniger als 5 Mal von der Guardia Nacional geweckt, deren Taschenlampen uns ins Gesicht leuchten und von uns den “Pasaporte” abverlangen. Ein Mal müssen wir sogar zur Handgepäckkontrolle aussteigen um 0:30!! Soviel zu einem bequemen Nachtbus. Trotz aller Widrigkeiten kommen wir 1 h früher als kalkuliert in Puerto Ordaz an. Der Bus spuckt uns völlig übernächtigt frühmorgens um 4:30 am Busbahnhof aus.

Montag 19.12.2005 – … unterwegs …

Der Flughafen ist um diese frühe Uhrzeit sicher noch geschlossen, so harren wir bis 6:00 auf dem Busbahnhof aus. Kurz vor 6:00 kapern wir ein Taxi zum Flughafen.

Wir kriegen einen Flug um 7:15 nach Caracas. Irene und Georges müssen auf ihren Flug nach Valencia noch warten. So trennen sich unsere Wege jetzt endgültig. Wir verabschieden uns von den beiden, die uns einige Tage begleitet haben.

Es kommt, wie es kommen muss. Im Flieger sitzt Tim direkt vor uns, denn der kam aus Ciudad Bolivar. Tim zieht aber sobald möglich auf einen anderen freien weit von uns entfernten Platz um. Kinderkram, davor sind auch alte Männer nicht gefeit.

In Caracas suchen wir einen Flug nach Mérida. Avior ist voll und bei Santa Barbara können wir allenfalls auf die Warteliste, mit der Möglichkeit ab 12:00 wieder nachzufragen. Wir nutzen die Wartezeit, unsere Schlusstour am 28. und 29.12. zu m Archipiélago Los Roques zu organisieren. Danach verfalle ich auf die Idee nach Barinas zu fliegen und die restliche Strecke nach Mérida per Bus zurückzulegen, in der Annahme es handelt sich um 2 h Busfahrt. Diese Übung gelingt. Wir buchen also den Flieger um 11:15 nach Barinas.

In Barinas herrscht eine Affenhitze. Die Mangobäume hängen voll mit reifen Früchten, leider in unerreichbaren Höhen. Wir lassen uns von einem Taxi zum Terminal de Pasajeros bringen. Der Busbahnhof macht seinem Namen alle Ehre. Es ist chaotisch und laut. Ich mag das! Nach Mérida startet um 14:00 ein Por Puesto sofern es voll ist. Wir ziehen uns in der Wartezeit auf den Toiletten den Temperaturen entsprechend um, damit wird Jan auch langsam wieder genießbarer, obwohl er zwischenzeitlich dem Reiseführer entnommen hat, dass die Busfahrt eher 4-5 h dauert. Der Bus startet um 13:45 vollbesetzt.

Die Strasse windet sich abenteuerlich die Anden, die so genannte Sierra Nevada, hinauf. Der Motor läuft diverse Male heiß. Aber Busse sterben in Südamerika nie, denn eine Lösung gibt es immer. Hier heißt die Lösung, der Motor muss mit einer Wasserdusche gekühlt werden. So verwandelt sich das Businnere in ein Dampfbad, dafür nehmen die Außentemperaturen mit zunehmender Höhe deutlich ab. Wir erreichen schließlich den Pass auf 3.550 m. Die Lagune Mucubaji befindet sich etwas oberhalb vom Pass und bietet hübsche Ausblicke. Weiter geht’s nach kurzer Rast auf der Transandina nun natürlich bergab durch hübsche kleine Bergdörfer. Wer weiß in welchem Zustand die Bremsen des Busses sind? Die gesamte Strecke ist wahrlich nichts für schwache Nerven.

Kurz nach 19:00 erreichen wir Mérida. Vor dem Busbahnhof warten Taxen auf Fahrgäste. Eines davon bringt uns zu unserer auserwählten Posada. Uns reicht es für heute, wir hoffen auf ein freies Zimmer. Wir werden in ein Triple für diese Nacht einquartiert. Morgen ziehen wir in ein Doble um. Wir duschen, dann zieht es uns zum Abendessen ins Posada-Restaurant. Forelle und Steak schmecken ausgezeichnet. Rotwein ist leider aus, aber einige Meter weiter die Strasse hinunter in einer Licorería zu erstehen. Gut gesättigt fallen wir mit der nötigen Bettschwere in dasselbe.

Dienstag 20.12.2005 – Mérida

Gegen 9:00 gehen wir ausgeschlafen zu einem ausgiebigen Frühstück im Posada-Restaurant. Gut und reichlich gestärkt machen wir uns auf den Weg die nächsten Tage und Touren zu organisieren.

Beim Tourveranstalter Guamanchi buchen wir ab Freitag 23.12. eine 4-Tagestour in die Los Llanos. Außerdem beraten sie uns ausgiebig für die Wander- bzw. Jeeptour nach Los Nevados, die wir für die nächsten zwei Tagen geplant haben.

Den weiteren Tag widmen wir dem entspannten Sightseeing von Mérida. Auch hier spielt die Musik an der zentralen Plaza Bolivar und natürlich um sie herum. Wir haben den Eindruck als ob ganz Mérida sich auf und um die Plaza befände, denn schon drei Blocks entfernt, treffen wir kaum mehr eine Menschenseele.

Das Mittagessen bereiten wir uns im hübschen Patio unserer Posada selbst zu. Avocado, Tomaten, Käse und Obst stehen auf dem Speiseplan. Unter anderem haben wir Weintrauben gekauft, die hierzulande außerhalb der hiesigen Traubensaison ein halbes Vermögen kosten (1 kg = 15.000 Bs = 7 US$). Es gibt in Lateinamerika den Brauch an Silvester Punkt 24:00 Uhr 12 Weintrauben zu verspeisen, da gibt es bestimmt Zusammenhänge zur Preisgestaltung.

Am Nachmittag probieren wir mal das Nahverkehrssystem aus. Wir finden den richtigen Por Puesto zum Aeropuerto (das kostet 800 Bs! für 2 Personen!). Dort erstehen wir Flugtickets für den 27.12. nach Caracas. Nun haben wir bis auf die letzte Übernachtung in Caracas alles durchorganisiert. Bis zum Sonnenuntergang lassen wir uns durch die Strassen treiben bzw. genießen die hübsche Leseecke in der Loggia unserer Posada. Sobald die Sonne sich verabschiedet, geben die Temperaturen deutlich nach, außerdem liegt Mérida immerhin auf 1.640 m Höhe.

Mittwoch 21.12.2005 – Los Nevados

Der Wecker klingelt um 6:45, so dass wir uns nach einem kleinen Frühstück in einer Panadería bei den Jeeps nach Los Nevados gegen 7:30 einfinden. Die Jeeps warten auf Kundschaft nahe der Talstation der Teleférico auf den Pico Espejo. Leider finden sich am heutigen Morgen nur wenige Touris für diese Wegstrecke ein, die meisten, die vorbeikommen, marschieren durch zur Teleférico. Dennoch lohnt sich das Warten, wir starten um 9:30 mit vier Spaniern an Bord.

Flott fahren wir auf asphaltierter Strasse bergauf, was uns wundervolle Ausblicke auf Mérida beschert. Nach ca. 1 h Fahrzeit wechseln wir auf Piste, damit wird die Wegstrecke deutlich ruppiger. Die beiden spanischen Mädels halten sich die Augen zu, singen oder stärken sich mit einem Schluck aus der Whiskey-Pulle. Die Fahrt ist sicher nichts für schwache Nerven, aber als sooooo arg empfinden wir es nun auch wieder nicht.

In einem kleinen Nest legen wir eine kleine Mittagsrast für Saft und Empanadas ein. Dann werden wir weiter bergauf und bergab geschüttelt. Kurz vor 14:00 landen wir in Los Nevados, dessen Gassen seit kurzem mit Kopfsteinpflaster ausgestattet sind. Die Kopfsteinpflastergassen säumen nette weiße Häuschen. In der Posada Guamanchi finden wir ein Zimmer und auf der Terrasse in den Hängematten einen hübschen beschaulichen Platz zum Relaxen mit Blick.

Sobald sich die Sonne versteckt, wird es empfindlich frisch, so dass wir langsam aufrüsten und hungrig das Abendessen erwarten. Die Hausfrau hat Forellen angekündigt. Während wir auf das Essen warten, gelingt es uns für morgen zwei Mulis zu organisieren, eines für das Gepäck und eines für Jan. Die Truchas schmecken vorzüglich. Als Absacker nehmen wir mit einem englischen Paar zusammen einen Cuba Libre, dann schlagen wir uns frühzeitig gegen 20:30 in die Betten. Hier braucht man und frau definitiv die Wärmflasche mit Ohren!

Donnerstag 22.12.2005 – Los Nevados ~ Mérida

Das Frühstück wird ab 7:00 serviert. Unser Muliführer steht ab 7:45 bereit. Wir haben mit den beiden Engländern, Ellen und Chris, zusammen 2 Mulis, 1 Pferd und einen Muliführer. Ellen steigt direkt auf das Pferd, da ihre Füße vom gestrigen Marsch von der Gondelstation 1.500 m bergab noch angeschlagen sind. Auf ein Muli hieven wir das Gepäck und Jan führt das zweite Muli.

Jans Muli sollte das Führende sein, aber das weiße Pferd mit Ellen mogelt sich immer wieder nach vorne. Ansonsten verhalten sich die Tiere wirklich sehr lieb. Die erste Stunde führt der Weg durch den Schatten gemütlich bergauf. Kurz bevor wir in die Sonne wechseln, wird Jan bei einer längeren Steigung vom Guía genötigt auf sein Muli aufzusteigen, da es ihn mittlerweile zieht. Chris und ich bleiben die einzigen Fußgänger.

Etwa auf Hälfte der Strecke legen wir an einem Bach eine kurze Rast ein, um die Tiere zu tränken. Dann werden wir weiter bergan getrieben. Die Luft wird merklich dünner, aber die Szenerie entschädigt für die Strapazen. Die letzten 200 Höhenmeter bis auf den 4.200 m hohen Passübergang strengen wahrlich an. Schlussendlich kommen alle an. Zur Belohnung nehmen alle einen Gipfelschluck aus der Seepferdchenflasche gefüllt mit Rum.

Den kurzen Abstieg zur Teleférico-Station Loma Redonda schaffen wir zügig, auch die Mulis tragen ihre Lasten trittsicher bergab. Noch herrscht Sicht auf dem Pico Espejo, aber die Wolken nahen bereits um ihn zu verhüllen. Bis es uns gelingt Tickets zu erstehen und in einer Gondel zu sitzen, haben die Wolken ihr Werk bereits vollendet und hüllen den Gipfel vollständig ein. ¡Que pena! So sieht oben alles ganz in weiß und Watte aus. Die Höhe lässt uns kräftig schnaufen. In den letzten zwei Gondelstationen wird standardmäßig in den Krankenstationen Sauerstoff angeboten, was regen Zuspruch findet. Wir halten uns nur kurz am Gipfel auf, zu sehen gibt es ja eh nichts …

Die Abfahrt teilt sich in 4 Teilabschnitte auf. Bei jeder Umsteigestation müssen wir uns in die Warteschlange einreihen. Kein Wunder also, dass für die Fahrt 1 ½ h einkalkuliert werden müssen.

Zurück in Mérida checken wir wieder in der vorreservierten Posada La Montaña ein. Dieses Mal beziehen wir ein hübsches Zimmer auf der Galerie im 1. Stock. Das Abendessen lassen wir uns im Posada-Restaurant schmecken. Wir haben dieses Mal mit Wein vorgesorgt – überflüssigerweise – denn nun ist der Weinvorrat im Restaurant wieder aufgefüllt.

Zwischenzeitlich sind die Wolken in die Stadt gezogen, aus denen es ein wenig tröpfelt.

Freitag 23.12.2005 – Los Llanos

Zuerst kommen um 8:00 im Postamt die Postkarten in den Kasten, dann kann es eigentlich losgehen in die Los Llanos. Tatsächlich bleibt uns ausreichend Zeit zum frühstücken. Bis das Auto fertig beladen ist sowie sich alle Passagiere arrangiert haben, zeigt die Uhr 9:30.

Wir nehmen die Rute gen Barinas, die wir vor einigen Tagen bereits in umgekehrter Richtung mit dem Por Puesto bewältigten. Unterwegs legen wir den einen oder anderen Einkaufs- bzw. Sightseeingstopp ein. Die Lagune Mucubaji auf der Passhöhe betrachten wir ganz aus der Nähe. Kurz vor Barinas halten wir an einem Restaurant für Lunch. Davor befindet sich ein Riesengrill, der die Herzen der Fleisch futternden Fraktion höher schlagen lässt. Unser Guía namens Carlos ist auch eher Vegetarier, so sorgt er für mich mit. Wir bekommen Fisch und der Rest natürlich Fleisch satt. Yucca als Gemüse nehme ich immer gerne. Nur die französische Familie ist schlecht dran, denn 3 von 4 kämpfen mit Magenproblemen.

Es liegen noch weitere 5 h Fahrzeit vor uns, das verspricht ein langer Tag zu werden. So kann sich die Gruppe schon mal aneinander gewöhnen. Außer uns ist die besagte französische Familie an Bord sowie Ellen und Chris, die wir ja bereits kennen.

In der Dämmerung entdecken wir eine Affenfamilie träge im Baum. Zwei andere Bäume sitzen über und über voll mit weißen und roten Ibissen. Die Landschaft präsentiert sich eher flach mit exzessiver Vieh- und Landwirtschaft. Irgendwann gestaltet sich die Strasse natürlich löchriger, um schließlich vollends in Piste überzugehen. Auf einem Shortcut katapultiert es uns durch das ganze Auto. Jeder befürchtete schon, dass das Auto flippt. Schließlich erreichen wir wohlbehalten gegen 20:00 unser Ziel.

Jeder “markiert” seine Hängematte im Schlafrondavell. Auf dem Campgelände sitzen überall Kröten herum. Selbst auf dem Klo gucken sie einem aus dem Wasserbehälter, aus der Kloschüssel, unter der Klobrille oder auch auf ihr entgegen. Der kleinere Franzose will schon nie mehr alleine aufs Klo gehen.

Das Abendessen steht bald auf dem Tisch. Wir gönnen uns noch einen Absacker, sinken aber bald müde in die Hängematten.

Samstag 24.12.2005 – Los Llanos ff.

Die Schnarcher sperre ich prophylaktisch mit Ohrstöpseln aus, so dass ich locker bis 7:00 durchschlafe und dann auch ausgeschlafen habe. So können wir schon vor dem Frühstück einen kurzen Rundgang um das Camp herum unternehmen. Wir entdecken den Tagesplatz der Kröten in einem Brunnenloch und jede Menge Vögel geben sich an den Kanälen entlang der Strasse ihr Stell-dich-ein.

Um 8:00 steht das Frühstück auf dem Tisch. Gut gestärkt werden wir danach ins und aufs Auto verfrachtet. Ein paar befestigte Bretter auf dem Dach dienen als Bänke und perfektionieren das Safari-Feeling.

Es steht eine Bootsfahrt auf dem Programm. Die ersten Kaimane sichten wir bereits in und neben den Kanälen auf dem Weg zum Fluss. Bei dem Fluss handelt es sich eher um ein kleineres Gewässer mit relativ wenig Wasser aber dennoch vielen Tieren. Süßwasserdelfine, Kaimane, Kingfischer, Ibisse, Kormorane, Reiher, Störche, Pelikane, und und und sitzen am Ufer oder schwimmen. Als Highlight werden Piranhas gefischt. Die kleineren Piranhas dienen als Köder für größere ihrer Art oder werden an einem Stöckchen befestigt, damit die Raubvögel sie spektakulär im Flug von der Wasseroberfläche beuten.

Jan holt 3 Piranhas aus dem Fluss, die jedoch eher zu der kleineren Kategorie zählen und somit dem natürlichen Kreislauf als Köder direkt wieder zugeführt werden. Für den späteren Nachmittag wird ein Platz angekündigt, an dem es angeblich größere Piranhas gibt.

Zum Mittagessen finden wir uns wieder im Camp ein, wo das Essen bereits im Comedor auf uns wartet. Anschließend halten wir Siesta, was der Außentemperatur durchaus angemessen ist. Nur im Schatten lässt es sich gut aushalten. Jeder sucht sich “seinen” bevorzugten Siesta-Platz.

Um 16:00 starten wir zur Nachmittagssafari. Ich sichere mir dieses Mal einen Platz auf dem Dach für den besseren Überblick. Entlang der Kanäle liegen viele Kaimane und Schildkröten bewegungslos. Daneben gibt es natürlich jede Menge Vögel. Aber eigentlich sind wir auf eine Anakonda aus. Unsere einheimischen Guías haben bereits eine ausgekundschaftet und die Fundstelle “markiert”. Sie befindet sich auch noch in dem Versteck, denn sie hat vor wenigen Tagen ein Schwein verschlungen, dessen Umrisse noch deutlich zu sehen sind. Sie kann sich derzeit nicht wirklich von der Stelle bewegen und benötigt die nächsten 3 Monate definitiv nichts zu futtern. Unsere Guías versuchen sie etwas fotogener zu drapieren, aber sie riecht den Braten schnell und versucht sich nach Leibeskräften zu wehren. Wir kommen jedoch ausreichend zu Fotos. Danach wird sie wieder gut abgedeckt, damit der Farmer, dem sie das Schwein geklaut hat, sie nicht findet und tötet.

Wir nehmen unsere Safari wieder auf, entdecken weitere Kaimane, rote Ibisse und einige Capybaras (Wasserschweine). Das Licht an diesem Nachmittag über Plaine und Wasser sieht einfach perfekt aus. Das Tageslicht endet in einem farbenfrohen Sonnenuntergang. Der Hintern schmerzt zwischenzeitlich, denn die Holzbretter auf dem Dach sind nur mäßig bequem.

Wir kehren im stockdunkeln ins Camp zurück. Das Weihnachtsessen steht angerichtet  für uns bereit. Muy rica. Als Postre wird so was ähnliches wie ein Panetone gereicht. Nach dem Essen werden wir alle zum benachbarten Farmhaus gekarrt, wo die große Weihnachtsfiesta steigt. Einheimische und Touris füllen die Farm und den Tanzboden. Eine Band Llaneros spielt auf den regionaltypischen Instrumenten zum Tanz auf. Zur Kapelle gehören Harfe, Bandolina und Rasseln. Die einheimischen Mädels haben sich ordentlich aufgebrezelt. Die Tanzfläche brodelt. Einige Llaneros holen sich Touristinnen als Tanzpartnerin. Jede muss mal ran. Aber auch die einheimischen Mädels sind nicht schüchtern und wählen unter den Touristen. Jan wird auch aufgefordert, wobei sie die Führung übernimmt. Sein Tanzmädel lobt ihn anschließend ausgiebig. Gegen 1:00 fallen wir müde in die Hängematten.

Sonntag 25.12.2005 – Los Llanos ff.

Das Frühstück wird aufgrund der gestrigen Fiesta später serviert. Für den Vormittag steht sowieso lediglich Piranhas fischen nahe des Camps auf dem Schedule.

Wir gehen zu Fuß zum Fluss hinter dem Camp. Dort soll es angeblich die großen Piranhas geben. Zwei Kaimane auf der anderen Uferseite gehen bei unserer Ankunft  gemütlich baden. Ein Fischadler kreist am Himmel, seinen Anteil laut krächzend einfordernd. Die Ausbeute des Fischfangs fällt bei den Einheimischen deutlich höher aus als bei unseren Männern, aber Spaß bringt es ihnen allemal.

Die ersten Piranhas gibt es für Carlos und mich schon zum Mittagessen. Sehr lecker und völlig grätenfrei! Bis 16:00 dürfen wir der Siesta huldigen. Jan findet unter den französischen Männern einige Spielernaturen, daher bebt der Tisch unter den Würfeln. Zur Stärkung vor dem anstehenden Ausritt wird um 15:30 Tee und Kaffee angeboten.

Pünktlich um 16:00 stehen die Pferde zum Aufsitzen bereit am Zaun. Jedem wird ein adäquates Pferd zugewiesen. Wir sitzen auf und nach einer kurzen Einweisung trotten wir los. Der eine oder andere Gaul testet seinen Reiter, meiner verhält sich weitestgehend ruhig. Außer einer kurzen Galoppphase wechseln wir zwischen Trott und Trab durch die Steppe. Am Fluss legen wir eine kleine Erfrischungspause ein, wo uns Carlos mit Getränken und Melone erwartet. Die ganz Unentwegten versuchen ihr Glück mit der Angel bei den Piranhas. Bald werden wir wieder in den Sattel gescheucht. Auf dem Heimweg laufen die Pferde tendenziell schneller, sie haben wohl Stallgeruch in der Nase. Kurz vor dem Camp entdeckt unser Guía einen Oso Hormigero. Der Ameisenbär fehlte uns noch in unserem Safarisortiment. Er sieht schon recht eindrucksvoll aber auch sehr lustig mit seiner langen Nase und Zunge sowie dem imposanten stacheligen Hinterteil aus. Dann geht es aber endgültig zurück ins Camp. Ich habe alle Hände voll zu tun, das Pferd in einer gemäßigten Gangart zu halten.

Zum Abendessen werden Piranhas satt gereicht. Superlecker und keine Knochen! Der restliche Rotwein will auch noch vernichtet werden. Gegen 22:30 ziehen wir uns bettschwer in unsere Hängematten zurück.

Montag 26.12.2005 – Los Llanos – Mérida

Um 6:15 klingelt unerbittlich der Wecker. So nach und nach pellt sich jeder aus der Hängematte, so dass um 7:00 der Frühstücktisch komplett besetzt ist.

Wir sind um 7:30 bereit zur Abfahrt. Am Wegesrand präsentieren sich einige Tiere als Kurzprogramm zum Abschied. Gegen 11:30 erreichen wir Barinas. Dort nehmen wir das letzte gemeinsame Mittagessen ein, danach verlassen uns zuerst die Franzosen am Busbahnhof, anschließend setzen wir Ellen und Chris an ihrem Hotel ab. Nun haben wir unendlich viel Platz im Auto für die Weiterfahrt nach Mérida. Mit ein paar kleinen Zwischenstopps erreichen wir um 16:30 schließlich Mérida. Wir checken wieder in der vorreservierten Posada La Montaña ein.

Am Abend gönnen wir uns ein nettes Essen ganz zu zweit allein in einem gehobenen Restaurant in der Innenstadt. Zum Tagesabschluss treffen wir Carlos mit seiner Freundin in einer Bar, in der es brechend voll und vor allem laut ist. Gegen 23:00 kehren wir zurück in die Posada fertig für die Nacht.

Dienstag 27.12.2005 – Mérida ff.

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des Souvenir-Shoppings. Hierzu fahren wir mit dem Por Puesto zum Mercado Principal. Dort findet man auf drei Stockwerken alles was das Herz begehrt. Nur keine Mangos! Wir kaufen relativ schnell entschlossen die geplante Hängematte und einige andere Souvenirs. Der Markt trubelt bunt und lebendig. Verhungern und verdursten muss ebenfalls keiner. Für das Mittagessen erstehen wir Avocados, Tomate, Käse, Brot und eine Coco frio.

Am späten Vormittag kehren wir ins Zentrum Méridas zurück. Zur Mittagszeit lassen wir uns im Patio unserer Posada häuslich nieder. Der Mittagssnack ist schnell zubereitet und verspeist. Nun bleibt uns nur noch kartenspielenderweise die Zeit bis 15:00 totzuschlagen, bis es Zeit ist sich per Taxi zum Flughafen zu begeben.

Wir checken ein und erfahren dabei, dass unser Flug verspätet sein wird nämlich statt 17:30 soll er erst um 19:30 abheben. Außerdem wird er in El Vigia starten, das ist ein Ort 1 h Taxifahrt entfernt. Die Airline organisiert und zahlt die Taxen für alle Passagiere. Eine Armada von Taxen karrt die Passagiere über die Transandina nach El Vigia. Wir haben eines ganz für uns. Dann heißt es warten. Wir nehmen derweil unser Abendessen im Flughafenrestaurant. Mehr wird hier eh nicht geboten.

Der Flughafen sieht aus wie ein Militärflughafen und wird als Ausweichflughafen für Mérida gehandelt, denn Méridas Aeropuerto verfügt nur über eine ziemlich kurze nicht weiter ausbaufähige Start- und Landebahn und keine Nachtflugerlaubnis. Unser Flieger schwebt kurz nach 19:30 glücklich ein. Eine Stunde später heben wir ab, um dann 1 ¼ h später in Caracas zu landen.

Wir lassen uns ganz nobel nach Catia del Mar ins Hotel Puerto Viejo bringen. Unser Absacker an der Bar entspricht schier einem Anteilsschein!

Mittwoch 28.12.2005 – Los Roques

Um 6:00 rasselt unser Wecker und das Telefon. Sicher ist sicher, denn der Flieger nach Los Roques startet mitten in der Nacht und wir müssen mindestens 1 h zuvor da sein. Wir deponieren unsere Rucksäcke im Hotel, da wir mit kleinem Gepäck nach Los Roques ziehen. Pro Person sind nur 10 kg Fluggepäck zugelassen.

Das Hoteltaxi bringt uns zum Aeropuerto Auxiliar. Dort hat sich bereits eine Schlange vor dem Counter gebildet. In der kleinen Cafeteria gönnen wir uns einen Kaffee, damit die Lebensgeister erwachen.

Gegen 8:30 sitzen wir in einer alten DC3. Soviel Platz gibt es sonst nur in der Business Class. In den 30er Jahren wurde eben noch großzügiger gebaut. 1 ¼ h später landen wir auf der Hauptinsel Gran Roque des Inselarchipels. Die alte Maschine ist wahrlich ein Foto wert.

Unser Abholdienst steht schon bereit, um uns in die Posada Terramar zu führen. Wir beziehen ein hübsches Doppelzimmer, wo wir uns sofort strandfein herrichten. Zum Strand fährt man hier mit dem Boot. Auf dem Weg zum Boot erwischt uns tatsächlich einer der seltenen Regenschauer. Wir haben uns entschlossen gegen US$ 5 pro Person Aufpreis zu einer weiter entfernten Insel zu schippern.

Auf Crasqui gibt es 2 km feinsten weichsten weißen Sandstrand. Kaum angelandet werden Sonnenschirm, Strandstühle und Kühlbox aufgestellt. Schatten tut auch dringend Not, denn die Sonne brennt unerbittlich nieder. Gott sei Dank ziehen heute einige Wolken vorbei. Ansonsten Karibik pur … schöne Buchten, recht wenig Sonnenanbeter und türkises Meer was will man mehr …

Außer den Sandstreifen hoch und runter zu flanieren, die Angel- und Flugkünste der Pelikane zu bewundern und zu baden gibt es nicht viel zu tun. Unsere Kühlbox enthält Getränke sowie ein ganz leckeres Reisgericht als Mittagessen. Frisch geröstet werden wir gegen 17:00 wieder zurück nach Gran Roque gebracht.

Das Licht sieht jetzt wirklich klasse aus, leider fressen schon bald uns die Moskitos auf. Das trifft uns völlig unerwartet, aber uns rettet eine italienische Touristin, die in derselben Posada wohnt, mit ihrem Mückenschutzspray.

Das Abendessen fällt ganz italienisch aus:

Vorspeise:
Hauptgericht:
Nachtisch:
Pasta con Salsa Carretera (Tomaten und Knoblauch)
Fisch mit Kartoffelbrei an Mus aus Roten Beeten
Kokos-Panacotta

Der Nachtisch war sogar für mich essbar … komischerweise.

Dieser Inselarchipel scheint ganz in italienischer Hand. Viele Posadas werden von ausgewanderten Italienern geführt, die italienischen Venezolaner treibt es ebenfalls hierher und nicht zuletzt die Original-Italiener.

Donnerstag 29.12.2005 – Los Roques ff.

Gegen 7:30 treibt es uns aus den Federn. Wir nutzen die frühe Stunde, um zum alten Leuchtturm hinaufzuwandern. Der Aufstieg dauert kurze 10 Minuten und belohnt mit einem grandiosen Rundumblick auf Gran Roque, das Meer und die umliegenden Inselchen.

Um 8:30 finden wir uns wieder in der Posada in Erwartung des Frühstücks ein. Die Frühstücksvorbereitungen laufen auf Hochtouren, serviert wird dann kurz nach 9:00. Gut eine Stunde später sitzen wir im Boot ausgerüstet mit Schnorchelequipment mit dem Ziel “Piscina”. Beim so genannten Piscina handelt es sich um ein riesiges natürliches Schwimmbad eingerahmt von den kleinen Islas Francisquises in nahezu perfektem Rund.

Wir richten uns am Strand mit Schirm, Stühlen und Cooler ein. Das türkise Wasser mit Korallen direkt vor der Nase lockt. Jan entschwindet direkt zum Schnorcheln. Ich erkunde die Insel mehr oberirdisch. Genötigt setze ich die Taucherbrille kurz auf, aber mit dem Nasenabschluss habe ich halt so meine Probleme. Ich suche mir eher tiefere Wasserabschnitte zum Schwimmen, dort hat das Wasser auch eine angenehmere weil kühlere Temperatur. Jan guckt dafür ausgiebig Fische.

Wir werden überpünktlich vom Fährservice abgeholt, damit bleibt uns ausreichend Zeit zu duschen und zu packen. Angelo, der Wirt unserer Posada, schläft bei unserer Rückkehr tief und fest. Die letzte halbe Stunde bevor wir zum Flughafen müssen, unterhält uns ein kleiner Krebs, der in einem fremden Schneckenhaus wohnt. Angelo verabschiedet uns herzlich. Auf unser Zimmer warten bereits neue Gäste.

Unser Flug, den wir wieder in einer DC3 absolvieren, startet pünktlich um 17:00. Zurück in Caracas fahren wir nach Catia del Mar in unser Hotel, in dem unsere Säcke auf uns warten. Das Abendessen nehmen wir im Hotelrestaurant. Das Essen ist zwar ganz o.k., entspricht aber in keinster Weise seinem Preis.

Freitag 30.12.2005 – Catía del Mar, Rückreise

Der Tag beginnt mit einem Regenschauer, aber die Sonne gewinnt letztlich die Oberhand. Das Hotel serviert ein kontinentales Frühstück gratis von 7:00 bis 9:00. Das schaffen wir locker.

Nach einem kurzen Rundgang über Poolgelände und Marina suchen wir uns ein schattiges Plätzchen am Pool. Mit Kartenspielen, lesen und Leute gucken vertreiben wir uns die Zeit. Ja, es füllt sich tatsächlich im Laufe des Vormittags mit Badegästen der venezolanischen Upperclass. Von irgendetwas muss das Hotel schließlich leben, denn die Quote der Zimmervermietung scheint nicht sehr hoch zu sein. Das Hotel liegt jedoch in hübscher Kulisse – vorne das Meer und dahinter die Berge. Rechts und links die grausigen Hochhäuser blenden wir jetzt mal aus.

Den Mittagssnack genehmigen wir uns im Liegestuhl, danach heißt es bald umziehen und auf zum Flughafen. Das Hotelzimmer dürfen wir bis 14:00 statt 13:00 benutzen.

Kurz vor 15:00 checken wir in die Maschine ein, so dass wir uns ganz dem Duty Free Shopping der letzten Souvenirs hingeben können. Die Maschine startet trotz chaotischer Organisation pünktlich um 17:00. Der Flug verläuft angenehm ruhig. Wir konnten eine 4-er Reihe nur für uns ergattern, daher können wir uns leidlich zum Schlafen ausstrecken. 9 ¼ h später landen wir um 8:00 Ortszeit im weißen Frankfurt. Wir frieren schon beim bloßen Anblick.

Unsere Rucksäcke sind auch da, aber an Jans Rucksackkopf wurde das Schloss geknackt, um sein Leatherman-Tool zu klauen. Caracas scheint hierfür berühmt zu sein. Gerade deshalb ärgert uns die hohe Flughafen-Sicherheitsgebühr, die sie einem in Caracas abknöpfen – immerhin US$ 50 pro Person. Wir sind jedoch nicht die einzigen Opfer. Es kommen immer mehr ramponierte und beschädigte Gepäckstücke zu Tage. Die Lufthansa nimmt den Schaden auf und wird ihn entsprechend ersetzen.

Fazit

Wir sind dieses Mal viele Strecken geflogen, da die Tarife erschwinglich und die Entfernungen sehr weit sind. Venezuela ist 4 mal größer als Deutschland!! und bis auf wenige große Städte sehr dünn besiedelt.

Einige Eingeborenenstämme konnten sich sowie ihre Lebensweise erhalten. Der Staat stellt ihnen geschützte Bereiche in ihrem Umfeld bereit.

Viele Orte und Regionen sind am Besten in mehrtägigen Touren zu besuchen, die problemlos vor Ort organisiert bzw. gebucht werden können. Wir haben alles was wir vorhatten umsetzen können. Wir haben hierbei einige sehr nette Mitreisende (bis auf eine Ausnahme!) kennen gelernt und interessante Kontakte knüpfen können.

Pros

  • Freundliche und hilfsbereite Menschen
  • Beeindruckende variantenreiche Landschaften
  • Intensive Naturerlebnisse durch längere Tourdauern
  • Bis auf Caracas sehr entspanntes Reisen
  • Leckeres Essen, phantastisches Fleisch, frischen Fisch, superleckere Piranhas
  • Grün wohin das Auge schaut
  • Blüten in allen Farben, Nebelwald und Urwald
  • Reiche Tierwelt
  • Super weißer und weicher Sandstrand
  • Perfekte Beherrschung des Chaos
  • Viele ausgewanderte Europäer betreiben touristische Einrichtungen (Posadas, Tourveranstalter), aber sie binden Einheimische ein und verhalten sich Naturschutz konform.

Cons

  • Hohe Polizei- und Militärpräsenz
  • Knisterplastiktüten – die Geißel der Menschheit
  • Müll wird vielfach einfach auf die Strasse geworfen, was für Biomüll ja noch o.k. wäre, aber bei Plastik