Nepal 1993

Eine Reise von Gabi alleine auf einer geführten Tour nach Kathmandu und an das Dach der Welt. Am Ende einer Wanderung in Pokhara mit Buttertee und Tsampa verwöhnt zu werden. Das bunte Treiben in Kathmandu füllt die Gassen.

11.11.1993 – 26.11.1993

Flag of Nepal

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Reiseroute

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Donnerstag, 11.11.93 – Anreise

Mein Zug verläßt Frankfurt um 11:45h, Jan bringt mich hin, um sicher zu sein, daß ich auch tatsächlich weg bin.

Ich erreiche den Müncher Flughafen reichlich vor der erforderlichen Zeit. In der S-Bahn treffe ich dafür bereits eine weitere Teilnehmerin der bevorstehenden Nepal-Reise. Der Flieger geht pünktlich los. Erster Zwischenstop in Abu Dabi, aber jeglicher Duty Free verbietet sich zu diesem Zeitpunkt von selbst. Deshalb gilt der Duty Free Bummel nur der Information. Der weitere Anflug auf Kathmandu verläuft reibungslos. Das Essen ist sogar gut genießbar und trotz Charter wird mit Alkohol nicht gegeizt.

Freitag, 12.11.93 – Kathmandu

Viel früher als ursprünglich vorgesehen landen wir in Kathmandu. Goa als weiterer geplanter Zwischenstop ist zum letzten Zielort dieses Fluges geworden.
Die Kulisse aus dem Flieger unter blauem Himmel ist schon toll. Gegen 11:00h ist der Flieger am Boden. Zwei Stunden später werden wir im Hotel eingeliefert. Das Mittagessen wartet bereits auf uns – ganz in chinesisch.

Die Temperaturen sind sommerlich mild, so daß wir den Nachmittag zu einem ersten Stadtbummel nutzen. Das Hotel liegt sehr zentral, also können wir direkt zu Fuß starten. Unsere Aufmerksamkeit gilt ausschließlich dem sogenannten Touristenviertel, Thamel, mit vielen kleinen Läden, engen Gäßchen, Unmengen von Rikschas, Tuck-Tucks, Autos und Fußgängern. Auf Schritt und Tritt stolpert man über kleine Tempel oder Opferstätten. Am späten Nachmittag ist unsere erste Orientierungstour beendet und ich schieße mit Elke, der S-Bahn-Bekanntschaft, auf eigene Faust los.
Ab 18:00h ist es schlagartig dunkel, so daß wir es mit dem ohnehin schwach ausgeprägten Orientierungssinn noch schwerer haben, uns in den engen Gassen zurechtzufinden. Nach einer Weile ist außer uns kein weiterer Touri mehr zu sehen und wir schieben uns zusammen mit den Einheimischen durch den riesigen Markt. Um 19:00h soll das Abendessen serviert werden, so lassen wir uns schließlich per Rikscha zum Hotel zurückbringen.

Wir sind überpünktlich. Das Essen ist ganz nepalesich, ein bißchen scharf, aber lecker. Danach ist bubu.

Samstag, 13.11.93 – Silvester

Das Telefon klingelt um 7:30h zum Wake-up-Call. Die Dusche ist eisekalt. Das Frühstück ist für 8:00h gerichtet. Danach beginnt die offizielle Besichtigungstour. Wir arbeiten uns durch die Strassen von Kathmandu über Stupas, diverse Tempel, Märkte und vieles andere mehr über das Kettenviertel bis zum Durbar Square. Hier erwarten uns mehrere Tempel, das Haus der Kumari, ein lebhafter Markt und die altberühmte Freakstreet. Die Freak Street ist auch nicht mehr das, was sie gewesen sein soll.

Das Haus der Kumari wird von einer lebenden Göttin bewohnt. Die Kumari ist ein weibliches Kind, das ab dem Alter von 3 Jahren bis zum Zeitpunkt ihrer ersten Menstruation als lebende Göttin verehrt wird. Nach Ablauf ihrer göttlichen Zeit wird sie mit einer Pension nach Hause zurückgeschickt und eine neue 3-jährige tritt an ihre Stelle. Erwählt wird sie aus der Masse der in Frage kommenden 3-jährigen Mädchen.

Das Mittagessen naht und so machen wir uns auf den Rückweg zum Hotel. Riesige Menschenmengen schieben sich durch die engen Gassen und wir mittendrin. Die Marktstände mit den Blumenketten liefern die buntesten Farbtupfer. Heute wird der Tag der Kühe begangen, deshalb sind die Kühe mit Blumenketten geschmückt.

Der Nachmittag steht zur freien Verfügung. Zu dritt, meine Zimmernachbarin Ursula, Elke und ich stürmen die kleinen Geschäfte in Thamel und sind bald dem Kaufrausch erlegen. Die Zeit vergeht in windeseile. Mittlerweile ist es schon wieder dunkel. Zur Feier des Tages werden die Hauseingänge und Fenster mit Kerzen beleuchtet und einige Häuser mit Lichterketten geschmückt. Die Kids werfen mit Knallfröschen und testen auf diese Weise die Funktionstüchtigkeit unseres Trommelfells.

Das Abendessen ist dieses Mal indisch und auch ein bisserl scharf, aber sehr lecker. Zum Nachtisch wird Eis von ungewohnter Konsistenz, das geschmacklich nicht einzuordnen ist, serviert. Einige treten jetzt den Rückzug an, da jeder Reiseführer von Eis abrät. Na, ich werde sehen, ob die Verdauung beschleunigt wird. Um 21:00h schließen in Kathmandu gemeinhin die Restaurants, somit können wir uns nur noch in den Hotelzimmern vergnügen. In der Nachbarschaft findet offensichtlich ein privates Silvesterfest statt, denn westliche Klänge hallen vernehmlich bis zu uns. Knallfrösche knallen auch noch. Da jedoch um Mitternacht keine weiteren Aktivitäten üblich sind, um das neue Jahr (1114) zu begehen, wird wohl bald etwas mehr Ruhe einkehren.

Sonntag, 14.11.93 – Neujahr 1114

Punkt 9:00h fahren wir im nagelneuen Kleinbus los. Wir besuchen den Tempelbezirk Pashupathinath, eines der bedeutendsten Heiligtümer der nepalesischen Hindus. Am Fluß Bagmati befinden sich die Verbrennungsstätten der toten Nepalesen. Es finden gerade drei Leichenverbrennungen statt, eine Brahmanenleiche und zwei Angehörige einer niedrigeren Kaste.

Die Verbrennung wird jeweils von den Söhnen durchgeführt, deren Köpfe hierzu kahlgeschoren werden. Die Trauerfarbe ist weiß. Direkt neben den brennenden Leichen wird gebadet und Wäsche gewaschen. Die Touris, die auf der darüberliegenden Galerie nicht nah genug heran kommen können, nehmen sich bei diesen heiligen Zeremonien schon ziemlich pervers aus.
Auf der gegenüberliegenden Flußseite befinden sich unzählige Shiva-Schreine, Hunde, Affen und Pilger. Viele der Pilger sind verkrüppelt und hoffen hier wohl auf Linderung. Für die Pilger haben wir bei Geldwechslern Scheine gegen Münzen getauscht und verteilen diese nach besten Kräften.

Weiter geht’s dann zu Fuß nach Bodnath. Eine Flußüberquerung bereitet uns schon jetzt auf unser Trekking vor. In Bodnath erwartet uns die größte Stupa-Anlage Nepals. Rund um die Stupa befinden sich viele Läden, in denen teilweise alter Tibeterschmuck neben den ortsüblichen Souvenirs angeboten werden. Die Stupa thront über allem. Sie ist umringt von unzähligen Gebetsmühlen, die im Uhrzeigersinn zu drehen sind. In der gleichen Richtung ist die Stupa auch von den Besuchern zu umrunden. Die Stupa darf auch von Nichtgläubigen betreten werden. Die allgegenwärtigen Buddha-Augen sehen dies ohne Argwohn.

Das Mittagessen wird auf einer Dachterasse mit Stupa-Blick ganz in vegetarisch gereicht. Sehr lecker, ab viel zu viel. Frisch gestärkt setzen wir am Nachmittag unsere Fahrt nach Sankhu fort.
Etwas außerhalb von Sankhu führt eine lange steile Steintreppe zum Vajra Yogini Tempel empor. Sehr idyllisch und in vollständiger Ruhe gelegen. Von oben wird uns ein phantstischer Blick über die Reisterassen ins Tal gewährt. Zu diesem Tempel und nach Sankhu scheinen sich nicht allzu viele Touris zu verlaufen, da es recht abgelegen von den Hauptrouten liegt.
Sankhu selbst verfügt über einige hübsche mittelalterliche Häuser. Am Ortsausgang von Sankhu erwartet uns unser Bus wieder. Witzig sind einige zu Personenbussen umgebaute alte ausrangierte deutsche LKWs. Der öffentliche Bus, der gleichzeitig mit uns losfährt, ist übervoll.

Müde und voller neuer Eindrücke kehren wir in unser Hotel zurück. Der Strom reicht gerade noch, um unseren Warmwasserboiler aufzuheizen, dann gehen die Lichter aus. Warme Dusche im Kerzenschein ist ja auch ganz nett.

Das Abendessen ist tibetisch und total lecker. Hühner-Nudel-Suppe, Momos (tibetische Maultaschen) und scharfe rote Sauce. Beim anschließenden Abendspaziergang wird zumindest mein Bauch nochmal bewegt (den meisten anderen war das Essen zu scharf). Auf den Straßen wird noch fleißig geknallt, aber ansonsten ist kein Markt, keine offene Kneipe oder ähnliches zu finden. Bleibt nur der Rückzug ins Hotel.

Montag, 15.11.93

Da Katharina, unsere Reiseleiterin, die Stimme nun endgültig versagt, hat sie nepalesichen Ersatz beschafft. Somit ist am heutigen Tag unser Englisch gefordert.

Wir beginnen bei der Opferstätte von Dakshinkali südwestlich von Kathmandu. Hier werden täglich Blutopfer in einem offenen Schrein vorgenommen. Angeblich werden die Tiere jedoch nur getötet, wenn sie zum Sterben bereit sind. Die Regeln dies festzustellen sind entsprechend. Während unserer Anwesenheit werden Schrein und Tiere vorbereitet. Bis alles soweit vorbereitet sein wird, soll aber eine weitere Stunde vergehen. So wandern wir weiter.

Oberhalb der Opferstätte liegt ein kleiner Tempel, der mit der Opferstätte verschwistert ist. Von dort oben haben wir einen wunderschönen Blick auf Dörfer, Terassenfelder und Berge. Weiter geht es dann auf dem gegenüberliegenden Hang. Auf der Anhöhe liegt Pharping, ein idyllisches kleines Bauerndorf. Meine kleine Ente am Tagesrucksack findet bei allen Kindern Begeisterung. Sie wird wohl grau sein bis ich wieder nach Hause komme.

Der geplante Vajra Jogini Tempel ist wegen Zeremonien für Besucher geschlossen, so gehen wir weiter zu dem kleinen buddhistischen Kloster „Goraknath“ mit Meditationsraum im Felsen. Eine kleine Wanderung führt uns wieder zurück zum geschlossenen Tempel. Aber wir dürfen nach wie vor nicht hinein. Also setzen wir unseren Weg fort bis zur nächsten Ortschaft. In Gokhnath wartet bereits unser kleiner Bus mit den Lunchpaketen. Unter einem schattenspendenden Baum picknicken wir direkt am Rande des Sekh Narayan Tempel. Neben der Straße befinden sich einige Wasserbecken und kleine mit Schnitzereien verzierte Tempel. Darüber im Felsen liegt der Haupttempel mit einigen erotischen Schnitzereien.

Der Bus bringt uns anschließend zur Chobar Schlucht , über die eine schaukelnde Hängebrücke führt. Direkt daneben liegt wieder ein Tempel mit erotischen Fresken, den Jal Binayak Tempel. Ein kurzer Marsch bringt uns hinauf nach Chobar, wieder ein goldiges, ruhiges und idyllisches Bauerndorf. Auch den hiesigen Tempel dürfen wir natürlich nicht auslassen. Der Adinath Lokeshwar Tempel zeichnet sich durch an ihm befestigte Küchenutensilien aus. Frisch Vermählte nageln Hausrat an den Tempel und hoffen als Gegenleistung auf eine glückliche Ehe.

Hier oben erhaschen wir den Überblick über Kathmandu, ehe uns die langen Stufen zum Bus bringen, der uns am Fuße der Treppe erwartet. Die Rückfahrt nach Kathmandu ist schnell geschafft. Es ist erst 15:30h, also machen wir noch kurz den Obstmarkt unsicher.

Um 18:30h müssen wir das überflüssige Gepäck, das nicht für’s Trekking benötigt wird, abgeben. Das Abendessen ist wie immer sehr schmackhaft. Es gibt gegrilltes Hühnchen mit besonderer Sauce bestrichen, dazu Reis, Linsenbrei und Gemüse.

Dienstag, 16.11.93 – Trekking

Die Nacht ist eine Stunde früher als bisher vorbei. Frühstück um 7:30h, Abfahrt zum Flughafen um 8:00h. Im Flieger sitze ich auf einem Fensterplatz, aber leider auf der falschen Seite. Die Berge hüllen sich jedoch eh bis auf drei Gipfel in Wolken.

Gegen Mittag landet der Flieger auf der Schotterpiste von Pokhara Airport. Ein altersschwacher Bus wartet auf uns. Mit dem Anspringen per Schlüssel hat er’s nicht so sehr, aber das Anschieben mit vereinten Kräften läßt den Bus dann doch Fahrt aufnehmen. Die Wolken hängen tief. Die Luftfeuchtigkeit ist auch recht hoch. Im Tibeter Camp ist für den Bus Endstation. Einkauf bei den Tibeterfrauen und Lunch vor dem Trekkingbeginn. Gegen 14:00h laufen wir los über Terassenfelder und durch kleine idyllische Bauerndörfer. Die Kinder bilden in jedem Dorf eine riesige Traube um uns.

Nach knapp zwei Stunden ist unser Lagerplatz erreicht. Die Zelte stehen bereits und die Kinder aus dem benachbarten Dorf verkaufen Kaltgetränke. Tee mit Crackern runden das Nachmittagsprogramm ab. Um 18:30h wird das Abendbrot im Küchenzelt aufgetischt: Popcorn, Suppe, Momos mit Sauce und Blumenkohl, zum Nachtisch Reispudding bilden das Menue.

Ein kurzer Schauer prassselt ordentlich auf das Zeltdach zur Untermahlung statt leiser Musik. Schon um 20:30h krabbeln wir mangels Alternativen in den Schlafsack.

Mittwoch, 17.11.93

Wir werden um 6:15h mit „good morning tea“ und einer Schüssel heißem Wasser geweckt. Unser Wiener hat heute Geburtstag, deshalb wird sein Frühstücksplatz mit Blumen und Kerze dekoriert. Während wir frühstücken werden die Zelte abgebaut und mit unseren Seesäcken verstaut. Jeder Porter trägt für die Dauer des Trekkings dieselben Seesäcke. Wir starten über eine windschiefe Hängebrücke, danach geht’s am so erreichten gegenüberliegenden Flußufer weiter. Zwei Stunden später wird es dann richtig spannend. Die Flußdurchquerungen stehen bevor, also Schuhe und Strümpfe ausgezogen und die lange Hose durch den Sarong ersetzt. Die Fußreflexmassage und Kneipp-Anwendung kann beginnen. Das Wasser reicht bis übers Knie. Die Hand des Sherpas gibt Stabilität auf den glitschigen Kieselsteinen. Schuhe anzuziehen lohnt erst gar nicht, denn 500m weiter erwartet uns die nächste Wasserung. Diese fällt jedoch flacher aus. Die anschließende Rast läßt Zeit uns wieder Instand zu setzen und die Kleidung den ortsüblichen Regeln anzupassen.

Danach führt der Weg den Dhampus-Rücken bergauf. Hohe Luftfeuchtigkeit läßt den Schweiß triefen. Das Mittagessen wird von der Lagerküche um 12:00h serviert. Ich halte mich aber, Montezuma läßt grüssen, an weißen Reis und Tee. Nun ist erst mal ausruhen angesagt. Bald leisten uns die hiesigen Kinder Gesellschaft. Auch die Blutegel haben Gefallen an uns gefunden und freuen sich über das reichhaltige Mittagsmahl.

Zwei Stunden später wandern wir weiter bergauf. Die Wege sind überwiegend mit Steinen ausgelegt, so daß viel Treppensteigen gefordert ist. Je höher wir kommen, desto tiefer erscheinen uns die Wolken. Kurz hinter Dhampus pausieren wir am Wegesrand, die dortige Kneipe serviert Tee. Eine weitere Stunde dauert der Weg bis nach Pothana, unserem Nachtlager. Der Ort will erobert werden, ein letzter Anstieg bringt uns zum Zeltplatz. Die tiefstehenden Wolken sorgen für klamme Luftfeuchtigkeit, die mit der Zeit die Beine hochkriecht.

Nach dem Nachtessen bringt der Koch einen mit Kerzen geschmückten Geburtstagskuchen – Napfkuchen mit einer Baiserhaube.

Donnerstag, 18.11.93

Der Tag beginnt wieder mit Tee und einer heißen Schüssel Wasser am Zelt. Wider Erwarten machen die Wolken sogar ein Fenster auf und der Gipfel des Annapurna Süd zeigt sich majestätisch vor uns. Ein toller Berg! Gegen 8:00h nehmen wir unsere Wanderschaft auf. Bis Landrung nur bergab. Die erste Hälfte des Weges ist ziemlich ekelig ausgestaltet, da glitschig. In Beri Kharka wird pausiert. Danach ist der Weg wenigstens trockener. Nach vier Stunden eisernem Maschieren erreichen wir Landrung und damit unseren Lunchplatz. Das Essen der anderen sieht sehr lecker aus und ist es wohl nach ihren Bekundungen auch. Für mich macht Ketchup den blanken Reis etwas schmackhafter.

Der anstrengende Teil des Tages soll noch vor uns liegen – der Aufstieg nach Gandrung. Von Landrung aus geht es auf jeden Fall erst mal weiter bergab bis die Talsenke erreicht ist. Eine kurze mit Steinen geflickte Hängebrücke bringt uns auf die andere Seite des talschneidenden Flusses. Angekündigt sind nun zwei Stunden anstrengender Aufstieg. Aber nach einer knappen Stunde sind die ersten Aufsteiger bereits angekommen. Zur Strafe müssen wir auf die Träger mit unseren trockenen Klamotten warten. Der Himmel hat wieder vollständig zugemacht. Die Wolken verteilen erneut feuchte Kälte, brr! Aber 45min später haben uns unsere trockenen Klamotten erreicht, in die wir unverzüglich springen. Zusätzlich werden wir mit heißem Tee verwöhnt. Das macht es gleich wieder erträglicher.

Freitag, 19.11.93

Wir beginnen mit der Besichtigung von Gandrung. Die Wolken sind uns leider nicht gnädig und verhüllen das hiesige 8000er Panorama verschämt. Aber wenigstens hin und ab blitzt die Spitze des Machapuchare hervor. Gandrung ist ein Gurkha-Dorf voller pensionierter englischer Söldner, die heute noch ihre Rente beziehen. Das Dorf hat es aus diesem Grunde zu einigem Wohlstand gebracht und verfügt daher sogar über Strom und Hubschrauber-Landeplatz für Notfälle. Aber auch ansonsonsten sieht man dem Dorf auf Schritt und Tritt durchaus an, daß es für hiesige Verhältnisse relativ wohlhabend ist. Schöne idyllische Bauernhäuser in gutem Zustand reihen sich aneinander.

Etwa gegen 10:00h nehmen wir unser Trekking wieder auf. 500 Höhenmeter bergab stehen uns bevor. Der Weg bis zum Fluß hat bequeme Treppenstufen. Außerdem können wir mehrere Maultierkarawanen beobachten, deren Leittier hübschen Kopfschmuck trägt. Alle Tiere zieren Glocken um den Hals. Am Fluß angekommen legen wir die Lunchpause ein. Mittlerweile hat sich Montezumas Rache wieder davongemacht und ich traue mich langsam wieder an die Leckereien unseres phantastischen Kochs.

Der restliche heutige Weg bis Birethanti schlängelt sich in der Ebene am Fluß entlang. In Birethanti gibt es eine Trekking Kontrolle, die sich durch einen Stempel im Trekking-Permit vollzogen wird, und eine German Bakery mit leckerem Apfelstrudel und Zimtschnecken. Darüberhinaus werden in dieser Gegend Lungis (= Sarong) zum Kauf angeboten, zum Teil sogar indonesische.
Eine halbe Stunde nach Birethanti wird das Zeltlager aufgeschlagen – mit Flußblick. Sogar die feuchten Klamotten bekommen eine kurze Chance zum Trocknen, dann tropft es feucht von oben.

Samstag, 20.11.93

Überraschung, Überraschung – der Machapuchare zeigt sich von seiner besten Seite und in voller Größe. Frühstück mit Panorama-Bergblick.

Wir starten wie jeden Morgen um 8:00h. Als erstes erwartet uns ein steiler Aufstieg mit kurzer Unterbrechung in Jobhang. Weiter geht es treppauf. Auf dem oberen Plateau breitet sich ein phantastischer Blick auf Annapurna Süd, Machapuchare und Chiunchuli in Reihe und linker Hand die Spitze des Dhaulagiri. Auf dem nachfolgenden Panoramaweg begleiten uns die Berge leider nicht weiter.

Wir wandern auf dem weitestgehend ebenen Panoramaweg bis zur Lunchzeit. Die Sonne ist uns weiterhin hold und knallt ganz ordentlich herunter. Nach der ausgiebigen Lunchpause nehmen wir den kurzen Rest des Wrges (ca. 1 1/2h) unter die Füsse. Mittlerweile sind wieder Wolken aufgezogen und unser Zielort Bhadaure lockt nicht gerade mit den wärmsten Temperaturen.
Nach kurzer Diskussion werden die Zelte doch auf dem unteren blumenumgebenen Zeltplatz aufgestellt. Trockene und warme Klamotten sind täglich die schönste Freude nach dem Trekking.

Sonntag, 21.11.93

Whouh, wieder Panoramablick zum Frühstück: Annapurna Süd, Machapuchare, Chiuchuli und weitere Annapurnas – eine traumhafte Kulisse. Noch vor dem Frühstück führen wir die Klamottenverlosung für die Begleitmannschaft durch. Eine Mischung aus Altkleidersammlung und Tombola.

Entgegengesetzt zu unserem vorgesehenen Programm wählen wir den vermeintlich kürzeren Weg zum Phewa See und steigen direkt bergab. Da sich unsere Guides ziemlich bald versteigen, aber nicht wieder umkehren wollen, verläuft unser Weg recht abenteuerlich. Über Terassenfelder, Wasserung – hier darf ich auch mal mit der Nase zuerst Baden, da glatt und plumps – und Dschungel. Im Dschungel bleibt uns fast nur noch ein schneller Schritt, denn die Blutegel lauern auf uns. Sie scheinen entlang des Weges durch den Dschungel Spalier zu stehen. Der eine oder andere Aderlaß ist unvermeidlich.

Der angeblich kürzere Weg entpuppt sich jedoch als mindestens genauso lang wie der programmmäßig vorgesehene. So kommen wir erst gegen Mittag im Tal an. Hier wird nun erst mal Lunch serviert, wie immer äußerst schmecklich – u.a. Rettich mit Möhrchen als Gemüse zubereitet.

Es liegt noch ein weiterer Fußmarsch von ca. 1 1/2h bis zum See vor uns, unterbrochen durch mehrere Wasserungen, für die wir aus unseren Schuhen ‚rausmüssen. Den Abschluß bildet eine letzte Hängebrücke, die überquert werden muß. Am Bootsanleger erwarten uns mehrere Boote, in die Gepäck, Sherpas und Touris verladen werden. Die Porter haben ihr Trekkingwerk jetzt vollbracht und gehen ihre eigene Wege. In den Booten sind nun ganz andere Muskelpartien gefragt, da wir wechselweise die Paddel ins Wasser tauchen. Nach einer guten Stunde ist der Hauser-Zeltplatz am Seeufer gegenüber von Pokhara erreicht.

Eine kleine Gruppe unermüdlicher (Katharina, Elke, Helmut, Ullrich und ich) setzen natürlich direkt nach Pokhara über. Diese einzige Shoppingmöglichkeit in Pokhara kann man sich einfach nicht entgehen lassen. Weitere Parfümfläschchen finden zu meiner Sammlung. Aber den absoluten Höhepunkt erleben wir im Geschäft des Chef’s des Tibeter Camps, den wir zu Beginn unseres Trekkings kennengelernt haben. Wir werden zu Buttertee und Tsampa eingeladen. Beides wird vor unseren Augen frisch hergestellt und direkt serviert. Wir sind restlos begeistert. Leider müssen wir uns schon bald verabschieden, unser Boot für die Rückfahrt zum Zeltplatz wartet.

Bis ich am Abend halt so ins Zelt husche, erwartet mich dort ein weiteres Erlebnis: ein Blutegel, hat es bis auf meine untere Matte geschafft und wartet dort auf Nachschub – frisches Blut! Igitt, nichts wie ‚raus aus dem Zelt mit diesem Tier. Bis ich mich wieder beruhigt habe, ist die erste Hälfte der Nacht gelaufen, die zweite Nachthälfte ist einfach nur zu heiß.

Montag, 22.11.93 – Rückfahrt Pokhara – Kathmandu

Mitten in der Nacht werden wir ein letztes Mal aus den Schlafsäcken befördert. Um 7:00h sitzen wir bereits in den Booten zur Überfahrt nach Pokhara, wo uns der Bus für den Transfer nach Kathmandu erwartet. Kathmandu ist ca. 210 km entfernt. Es sind etwa 8h Fahrzeit angesetzt. Die Straße übertrifft alle Erwartungen und rechtfertigt die angenommene Fahrzeit. Schlagloch an Schlagloch und viele Behelfsbrücken, die nur einzeln von den Autos befahren werden dürfen. Die Überschwemmungskatastrophe des letzten Monsuns zeigt ihre Nachwehen, obwohl ich bezweifle, daß sich die Straße vorher in wesentlich besserem Zustand befand.

Wir werden jedoch den ganzen Tag über mit einer phantastischen und klaren Sicht auf die Schneeberge verwöhnt, das entschädigt für die Bandscheibenanschläge. In Mugling legen wir eine größere Pause ein, dies gibt Gelegenheit, einige der bunten LKW’s auf Platte zu bannen. Kurz hinter Mugling verlassen uns die Rafter.

Unser kleiner Bus arbeitet sich mühevoll im Konvoi den letzten Pass vor dem Kathmandu-Tal herauf. Auf diesem Wegstück gibt es immer wieder neue Schneeberge zu sehen. Hinter dem Pass macht sich recht drastisch die Dunstglocke über Kathmandu breit, in die wir dann bald eintauchen. Nichtsdestotrotz verschlingt der Smog heute nicht die Sicht auf die umliegenden Berge.

Am frühen Nachmittag, so um 15:00h, hat uns der Lärm und Gestank von Kathmandu und natürlich unser Hotel wieder. Nun werden wir erstmal Klamotten lüften und Heißwasserboiler anheizen. Die heißersehnte Dusche läßt sich nicht aufhalten.

Dienstag, 23.11.93 – Budhanilkanta, Bodnath

Ein freier Tag ohne Programm. Trotzdem Frühstück um 8:00h wie gehabt. Danach starten wir in zwei Taxen nach Budhanilkantha zum schlafenden Vishnu. Der November ist der Monat, in dem viele Hindus zu diesem heiligen Monument pilgern. Nur der König darf diesen liegenden Vishnu nicht besuchen, da die Mär sagt, er würde dann sterben. Die Statue ist 5m lang und wurde etwa im 7. Jahrhundert hergestellt.

Am heutigen Tag ergießt sich jedenfalls ein riesiger Pilgerstrom zu dieser Statue, die hauptsächlich Blüten, Zinnober und Reis opfern. Vishnu ist blumenüberströmt und total rot vom Zinnoberpulver. An diesem Ort herrscht eine tolle Stimmung ob der vielen Heiligen und Pilger. Kurz nach Betreten des Tempelraums bekommen wir einen Reisbatzen und das Vischnuzeichen auf die Stirn für den Sparpreis von Rs 2. Nach einer Weile werden die Opfernden aus dem direkten Bereich des Vishnu entfernt und die Statue gereinigt sowie mit Blumengirlanden, Tüchern und neuen Farbzeichnungen geschmückt. Mittlerweile ist es fast Mittag. So kehren wir mit unseren wartenden Taxen nach Kathmandu zurück. Auf halber Strecke fährt das andere Taxi einen kleinen Jungen an. Sie fahren auch wie die Schweine. Großes Palaver, aber Gott sei Dank ist nichts Ernsthaftes passiert und wir können die Fahrt fortsetzen.

Der Nachmittag steht ganz im Zeichen von Bodnath. Wir ziehen mehrere Kreise um die Stupa und geniessen die Aussicht von der benachbarten Dachterasse. Einige Souvenirs haben auch dieses Mal den Besitzer gewechselt. Am Spätnachmittag verschlägt es uns pünktlich mit dem Stromausfall in die einzige Chang (= tibetisches Bier) Kneipe Bodnaths. Wir probieren Chang und Tongwa, beides tibetische Spezialitäten. Auch das Abendessen steht mit Momos ganz im tibetischen Rahmen.

Mittwoch, 24.11.93 – Dhulikhel, Bhaktapur

Ein deutschsprechender nepalesicher Guide führt uns durch den Tag. Wir beginnen mit der Fahrt ins 30 km entfernte Dhulikhel, das eine phantastische Bergsicht an klaren Tagen gewährt. Der Panoramablick wird durch die außergewöhnlich klare Luft begünstigt.

Dhulikhel selbst ist ein reizendes Newari-Dorf mit vielen Holzschnitzereien an den Häusern. Zwei kleinere Tempel im Dorf und ein Tempel etwas erhöht mit Bergsicht runden das Bild ab. Auf der Weiterfahrt nach Bakhtapur schließt sich der Changu Narya Tempel an, der heute nahezu von feiernden Hindus gestürmt wird. Alle Frauen tragen rote Saris. Der Tempelhof ist gesteckt voll. Ein interessantes buntes Treiben. Jedoch die angekündigte Stille findet wohl an den restlichen 364 Tagen des Jahres statt. Anschließend soll uns der Bus nach Bhaktapur bringen. Der Stau auf dem Schlagloch-Feldweg ist da aber ganz anderer Meinung. Wir steigen kurzerhand aus und gehen zu Fuß weiter. In Bhaktapur essen wir zunächst zu Mittag, danach beginnt die Führung durch das mittelalterliche Dorf bzw. zu den wichtigsten Tempeln. Der wirtschaftliche Schwerpunkt dieses Ortes liegt eindeutig in der Schnitzerei.

Unser Guide bringt uns auch noch zur dritten Königsstadt „Patan“ bei absoluter Dunkelheit, denn zur bereits untergegangenen Sonne ist zudem gerade auch noch der Strom abgestellt. Auf dem Durbar Square wird im Krishna Tempel gesungen und ab 22:00h soll das Fest weitergehen mit Tanz und Musik.

Erst kurz vor dem Abendbrottermin erreichen wir das Hotel. Nach dem leckeren Essen beschließen wir uns zu viert ein Taxi zu chartern und nochmals nach Patan Durbar Square zu fahren. Die Organisation des Taxis erweist sich schwieriger als vermutet. Das Hotel ordert schließlich eines und bereitet uns auf den Nachttarif vor. Um diese Uhrzeit fährt ein Taxifahrer auch nicht mehr alleine, sondern ausschließlich zu zweit, so quetschen wir uns zu viert auf die Rückbank. Das Taxi wird eine Stunde auf uns warten. Die Vorführung auf dem Durbar Square beginnt pünktlich um 22:00h. Krishna und weitere Tänzerinnen in schillernden Kostümen führen zu Gongmusik ihren Tanz vor. Leider können wir der Aufführung nicht bis zum Ende folgen, da wir mit dem Taxi nur eine Stunde Wartezeit vereinbart haben. Aber es ist insgesamt doch ein schönes Erlebnis.

Donnerstag, 25.11.93 – Patan, Swayambhunath

Der Durbar Square von Patan ist auch bei Tageslicht beeindruckend. Eine Unmenge von Tempeln, die viele verschiedene Baustile miteinander mixen. Direkt daneben befindet sich der Königspalast, der teilweise neu renoviert ist und phantstische Schnitzereien aufweist.

In den Nebengassen verstecken sich unzählige Klöster. Wir besichtigen den Goldenen Tempel und den 9-Millionen-Buddha-Tempel. Beide wirken nach außen völlig unscheinbar und wenn kein Schild auf den Eingang weisen würde, würde man sie glatt verpassen. Der Innenhof des Goldenen Tempel könnte zwar durchaus auf die Tauben verzichten, gibt aber sonst schon einiges her.
Der 9-Millionen-Buddha-Tempel ist ganz im hinduistischen Stil gebaut aus lauter Backsteinen, auf denen jeweils ein Buddha abgebildet ist. Die Gäßchen um den Durbar Square beheimaten darüberhinaus jede Menge Geschäfte und Handwerker. Eine interessante Mischung.

Über Mittag spannen wir kurz im Hotel aus. In der Zwischenzeit können wir unsere Stickaufträge (Drachen auf Faserpelz und T-Shirt) abholen. Sie sind sehr hübsch und dekorativ ausgefallen.
Am Nachmittag wandern wir nach Swayambhunath – zur höchsten Stupa Nepal’s. Sie thront auf einem Hügel über der Stadt und gewährt einen tollen Blick über das Kathmandu-Tal. Der Weg dorthin führt mitten durch die größte Müllkippe der Stadt beidseits des Bagmati-Fluß. Außerdem flankiert die eine oder andere Ratte (lebend und tote Pfannkuchenratten) den Weg. Der Aufstieg zur Stupa empfindet den Weg zur Glückseligkeit nach. Am Anfang ganz sanft mit schnellen Lernerfolgen, dann immer steiler werdend, da höhere Ebenen ja auch schwieriger zu erlangen sind. Ab halbem Weg begleiten uns Horden von Affen, die auch die Stupa bevölkern.

Mit der Dämmerung wollen wir wieder zurück in Kathmandu sein, um im Hotel White Lotus auf der Dachterasse die Flughunde aus den Bäumen starten zu sehen. Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig, um die ersten Bads auffliegen zu sehen. Ungefähr eine halbe Stunde scheinen endlos viele Bads zu erwachen und ihre Nachtschicht zu beginnen.

Die letzten Einkäufe fressen die letzten Rupien auf. Nun ist nur noch die Flughafengebühr nach.

Freitag, 26.11.93 – Rückflug

Der Vormittag steht zu unserer freien Verfügung. Also lassen wir noch ein paar hübsche Plätze Kathmandu’s auf uns wirken. Ich nehme die Gelegenheit wahr und verschieße die letzten Photos. Nun kann die Kamera auf dem Flughafen gefahrlos geöffnet werden.

Mittags werden wir zum Flughafen gebracht und es heißt Abschied nehmen von Katharina, die erst übermorgen nach Hause fliegt. Dieses Mal bleibt uns Goa nicht erspart. Der Aufenthalt prägt sich über 3 Stunden bei Affenhitze im Transit ins Gedächnis ein. Der restliche Flug verläuft reibungslos. Allein eine vernünftige Möglichkeit zum Duty Free bleibt uns vorenthalten, da Goa der einzige Zwischenstop ist.

Am Samstag 27.11.1994 gegen 5:00h landen wir in Münschen. Um 7:00h werfe ich Andrea aus dem Bett und schließe den Urlaub mit einem netten Wochenende in München ab.